Forum "Gesellschaft - Werte - Zukunft"

Nachricht Hannover, 21. Juni 2017

Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr zu Gast bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen

Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr zu Gast bei den Unternehmerverbänden Niedersachsen e. V. (Foto: F. Gartmann)

Dass Unternehmer einzig und allein ökonomische Interessen verfolgen, ist ein oft gehegter Vorwurf, der zumindest am vergangenen Dienstag in Hannover eindrücklich entkräftet wurde.  Bereits zum dritten Mal luden die Unternehmerverbände Niedersachen e. V. (UVN) zum Forum „Gesellschaft – Werte – Zukunft“ ein, diesmal mit Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr als Hauptrednerin.

„Seit der Flüchtlingskrise gibt es eine intensive Diskussion über Werte. Fraglich ist nicht allein, wie gesellschaftliche Werte verteidigt werden können,  sondern welche Grundüberzeugungen überhaupt verteidigungswürdig sind.“, betonte UVN-Hauptgeschäftsführer Dr. Volker Müller in seiner Begrüßung. „In Zeiten, in der die Weltordnung in Frage steht, wollen wir die Diskussion suchen“, fasste Müller die Grundidee des Forums zusammen.  

Im Mittelpunkt des Impulsvortrags von Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr stand die mittlerweile  strittig gewordene Rede vom Abendland. „Wir müssen uns den Begriff von den selbsternannten Abendlandsrettern am rechten Rand, den frustrierten Radikalen wiederholen.“, forderte die Regionalbischöfin vor rund 90 niedersächsischen Unternehmerinnen und Unternehmern.  Das Abendland sei immer schon ein politischer Kampfbegriff gewesen und mit Weltverdunklungsszenarien verbunden. Diese Untergangsängste seien nicht neu, sondern tief in dessen Geschichte eingeschrieben. Schon zu Martin Luthers Zeiten sei angesichts der Wiener Türkenbelagerung (1529) die völlige Verselbstständigung der Angst zu beobachten gewesen.

„Abendländische Freiheit ist eine ungeheure Provokation.“

„Das Abendland war nie Beschreibung für eine geografische Region, sondern immer die Frage einer Herkunft, einer Haltung, einer Perspektive auf die Welt. Es war immer auch eine Ressource für die Ideen für die Zukunft.“, so Bahr. Eine dieser Ideen sei die Überzeugung, dass jedes Individuum gleich an Würde zu achten ist. Dieses Modell ist nach Einschätzung der leitenden Theologin ebenso bedroht wie die Freiheit angesichts der Sehnsucht nach Sicherheit. „Abendländische Freiheit ist eine ungeheure Provokation.“, so Bahr. Denn dazu gehöre es, anzuerkennen, dass ein Anderer das Recht hat, Dinge zu sagen, die man selber unerträglich findet.

In der anschließenden Diskussion mit den Unternehmern rief die Landessuperintendentin des Sprengels Hannover dazu auf, die grundlegenden Fragen stärker als bisher in den gesellschaftlichen Diskurs zu bringen und die „Alltagsprobe“ zu wagen. „Wie erklären wir unseren Kindern oder auch Fremden, unsere Werte und Bräuche, wie z. B. die Sonntagsruhe oder das Läuten der Kirchenglocken.“ Die Kritik wie die Wertschätzung der eigenen Geschichte gehöre zur abendländischen Kultur.