Reformationsfenster für die Marktkirche

Nachricht 19. Juni 2018

Marktkirchengemeinde diskutiert mit Künstler Markus Lüpertz und Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr

Marktkirchenpastorin Hanna Kreisel-Liebermann (li.) und Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr im Gespräch mit dem Künstler Markus Lüpertz in der Marktkirche Hannover (Fot: F.Gartmann).

Am Montag hat die Marktkirchengemeinde zu einem Diskussionsabend mit Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr und dem Künstler Markus Lüpertz eingeladen, der ein "Reformationsfenster" für die Marktkirche entworfen hat. Rund 500 Gemeindemitglieder und interessierte Besucher verfolgten die Ausführungen des 77-jährigen Künstlers zu seinem Werk und brachten sich kritisch wie begeistert in die Diskussion ein. 

Sein Entwurf zeigt unter anderem eine weiße Gestalt und fünf Fliegen. Vor allem diese hätten bei den Betrachtern für Irritationen gesorgt, erläuterte Marktkirchen-Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann. Lüpertz sagte, einer Legende zufolge habe Luther einst mit einem Tintenfass nach dem Teufel in Form einer Fliege geworfen. Das Fenster wolle Luthers Kampf gegen das Böse deuten, von dem der Mensch aus Sicht des Reformators umgeben sei.

Dafür stünden auch andere Symbole: ein Gerippe, das Tintenfass, Schriftspuren, Kreuzzeichen sowie kräftige Farben im Nacken der weißen Gestalt, die Luther darstellen soll. Lüpertz, der protestantisch aufwuchs und zum Katholizismus konvertierte, sieht Luther als "kämpferische Figur", die mit der damaligen Kirchen nicht zufrieden gewesen sei. "Darüber hinaus war er ein Aufklärer, weil er die Bibel übersetzt hat."

Die evangelische Landessuperintendentin Petra Bahr sagte, das Kunstwerk wolle nicht provozieren, sondern neue Perspektiven eröffnen: "Durch das Fenster der Kirche sehen wir die Welt so, wie wir sie sonst nicht sehen." Das eigentliche Ärgernis seien nicht die Fliegen, die auf dem Entwurf zu sehen sind, sondern der Mann am Kreuz, wie er auf dem Altar zu sehen ist, führte die Regionalbischöfin aus.

Lüpertz sieht das von Altbundeskanzler Gerhard Schröder angeregte "Reformationsfenster" für die Marktkirche in Hannover als reizvolle Herausforderung: "Kirchenfenster sind für einen Künstler ein Glück. Man kann sie nicht abhängen wie in einem Museum." Wenn sie einmal eingebaut seien, blieben sie dort über Generationen. Lüpertz hatte im Frühjahr einen Entwurf für das rund 13 Meter hohe Buntglasfenster vorgelegt. Das Werk setze sich mit dem Reformator Martin Luther (1483-1546) auseinander, erläuterte der Künstler.

In den schlichten "Notfenster", die nach dem Krieg ohne Bemalung Einzug in die Marktkirche erhielten, sah Lüpertz noch viel freie Fläche für künstlerische Gestaltung. In ihrem jetztigen Zustand sei die Marktkirche zwar ein großartiges Bauwerk, aber eben in einem noch nicht fertigen Zustand. "Erst Buntfenster vollenden den Kirchenbau.", so der Künstler. 

Markus Lüpertz ist Maler, Grafiker und Bildhauer und gehört zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Gegenwart. Er hat bereits mehrere Buntglasfenster für Kirchen entworfen, unter anderem in Köln, Lübeck und im französischen Nevers.

Altkanzler Schröder hatte angekündigt, er wolle der evangelischen Marktkirche als Ehrenbürger von Hannover das Fenster schenken. Allein die Kosten für Material, Herstellung und Einbau werden auf rund 100.000 Euro geschätzt. Zur Finanzierung will Schröder Vortragshonorare von Verbänden und Unternehmen in Deutschland weitergeben. Die meisten Fenster der spätgotischen Backsteinkirche haben bisher nur eine einfache Verglasung. Bevor das "Reformationsfenster" hergestellt und eingebaut wird, müssen Denkmalpfleger beurteilen, ob das moderne Kunstwerk in die mittelalterliche Kirche passt. Das letzte Wort hat die hannoversche Landeskirche.

(Text: F. Gartmann; epd)