Luthers 95 Thesen gegen die gekaufte Gnade

Nachricht 27. Juli 2016

Vortrag auf der Sommerakademie der Lutherkirche Leer über den Anlass der Reformation

„Wenn das Geld im Kasten klingt – Martin Luthers Kritik am Ablass“, so war der fünfte Abend im Rahmen der Sommerakademie an der Lutherkirche Leer überschrieben. Pastorin Dr. Hannegreth Grundmann aus Holtland ermöglichte mit ihrem Vortrag den rund 70 Zuhörern im Luthersaal einen tiefen Einblick in das komplexe Thema. Dabei stand der Anlass der Reformation im Mittelpunkt.

Die Referentin war vielen Zuhörern als Pressesprecherin des Sprengels Ostfriesland-Ems bekannt. Ihre Doktorarbeit hat sie über die Auseinandersetzung des Jacobus Latomus mit Martin Luthers Ablasskritik geschrieben. Diese Thematik ließ sie mit einfließen, als sie der Frage „Gekaufte Gnade? Warum mit dem 31. Oktober 1517 die Reformation begann“, nachging.

Anwesend war an dem Abend auch der Landessuperintendent des Sprengels Ostfriesland-Ems, Dr. Detlef Klahr, der Schirmherr der Veranstaltungsreihe ist. Im Namen der gastgebenden Luthergemeinde begrüßte Superintendent Burghard Klemenz die Besucher. Klahr, Klemenz sowie Pastor Sven Grundmann aus Holtland, Ehemann der Referentin, leiteten später die drei Gesprächsgruppen, in denen sich die Teilnehmer intensiv zu Schwerpunkten des Themas austauschten.

Hannegreth Grundmann wies darauf hin, dass unter Kirchenhistorikern strittig sei, ob Luther die 95 Thesen wirklich an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt habe. Sicher sei aber deren Veröffentlichung, die schnell Kreise gezogen habe. Das Bild vom Thesenanschlag an die Kirchentür wirke im Bewusstsein der Menschen jedoch wie ein Brennglas und verdichte das Thema.

Ein Begriff, der im Vortrag immer wieder vorkam, war die „Disputation“. Zu Luthers Zeiten beispielsweise seien damit  an den Universitäten Thesen einer Doktorarbeit verteidigt worden. Die habe man öffentlich ausgehängt, etwa an die Tür der Wittenberger Schlosskirche. Luther habe gegen den Ablass disputieren wollen, weil er den Missbrauch seiner Kirche damit gesehen habe, erklärte Grundmann. Eingeflossen in die Thesen sei auch der Groll von Laien darüber, warum etwa der reiche Papst seine Kirche nicht selbst finanziere. Entscheidend für Luther seien das Ringen um die theologische Wahrheit, die Sorge um die Ehre Gottes und das Seelenheil der Gläubigen gewesen.

Im Verlauf des Vortrages erhielten die Zuhörer eine Übersicht über das Ablasswesen. Ablasskampagnen und Ablassarten wie der vollkommene Ablass  (Plenarablass) gehörten dazu. Buße, Beichte, die Unterscheidung von Schuld und Strafe sowie Luthers Auffassung vom guten Werk wurden erläutert. Um die Ablasskritik zu vertiefen, ging die Pastorin auf die Auseinandersetzung zwischen dem Theologieprofessor Jacobus Latomus und Martin Luther ein.

Das kommende Reformationsjubiläum werde nun erstmals ökumenisch gefeiert. „Das ist ein enormer Fortschritt“, betonte Hannegreth Grundmann.  Papst Franziskus und der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Bischof Munib Younan, werden das Jubiläumsjahr mit einem ökumenischen Gottesdienst in Lund in Schweden eröffnen.

Das Jubiläumsjahr könne Anlass zur Freude sein. „Luther hat mit seiner Ablasskritik Christus zum Leuchten gebracht“, betonte Grundmann. Der Reformator selbst habe in seiner 62. These formuliert: „Der wahre Schatz der Kirche ist das hochheilige Evangelium von der Herrlichkeit und Gnade Gottes.“ Anteil an diesem Schatz erhielten die Menschen im Glauben und nicht durch Ablassbriefe: „Glaubst Du, so hast Du!“, wie Luther das ausgedrückt habe.

Bemerkenswert fand die Referentin, dass in dem ökumenischen Gottesdienst in Lund die Buße – das Bekenntnis dessen, woran man am anderen schuldig geworden sei – zentral sein werde. Die Aufforderung zur Buße, wie sie Luthers Kritik am Ablass einleite, könne die Grundlage dafür bilden, dass die Kirche sich stets zu reformieren habe. Sie müsse sich immer am Evangelium überprüfen lassen. „Und in dieser Perspektive, dass wir damit nie am Ende sind, sondern immer Schritt für Schritt vorangehen, können wir fröhlich das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017 feiern“, schloss Hannegreth Grundmann ihren Vortrag.