Lichtzeichen

Erinnern Sie sich? Das Brandenburger Tor leuchtete in blau-weiß-rotem Licht. Ebenso das Opernhaus in Sydney, das neue World-Trade-Center in New York, aber auch die große Christus-Figur in Rio, die Klagemauer in Jerusalem und viele andere symbolträchtige Gebäude.

Es waren eindrucksvolle Lichtzeichen der Solidarität mit den Opfern von Paris. Anderswo stellten Menschen einfach Kerzen auf vor französischen Gebäuden, auf Plätzen oder in Kirchen. Im Zentrum von Hannover war ein symbolischer Wegweiser nach Paris mit einer Fülle von Kerzen erleuchtet – ein kleines, eindrucksvolles Zeichen. Lichtzeichen des Protestes gegen Gewalt, für Solidarität und Zusammenhalt.


Lichtzeichen. Die Weihnachtszeit ist voll davon. Dieses Jahr erleben wir sie vielleicht noch etwas intensiver als sonst. Klar, der Dezember ist dunkel wie immer, die Kerzen und Lichter tun der Seele wohl. Aber die Welt ist derzeit ziemlich aus den Fugen. Finsternis herrscht, wo Recht und Gerechtigkeit am Boden liegen und Menschen sich nur noch durch Flucht zu retten wissen. Noch nie waren es weltweit so viele Flüchtlinge wie heute.

Da hören  wir die alten Worte von Weihnachten vielleicht noch einmal anders: „Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht“. Der Stern leuchtet über der Geburt des Kindes in Bethlehem. Da wo es ärmlich ist, wo Leute auf der Reise nur eine Notunterkunft gefunden haben. Genau da gilt, was Martin Luther dichtet: „Das ewge Licht geht da hinein, gibt der Welt einen neuen Schein. Es leucht‘ wohl mitten in der Nacht, und uns des Lichtes Kinder macht.“

Das „ewge Licht“, das Urlicht Gottes selbst, der nach der Bibel einst mit dem Schöpfungswort „Es werde Licht“ alles Dasein überhaupt begründete: Es leuchtet in der Dunkelheit von Flüchtlingsströmen und Notunterkünften, es leuchtet über zerrissenen Ländern, aber auch über zerrissenen Familien und zerrissenen Seelen. Mancher erleidet gerade das zu Weihnachten ja besonders.

Weihnachten heißt: Gott setzt ein Lichtzeichen in unsere Welt. Ein Zeichen des Protestes gegen Gewalt und Unrecht. Ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen im Dunkeln. Weihnachten ist das göttliche Lichtzeichen für unsere Welt und unser Leben. „Gott will im Dunkel wohnen, und hat es doch erhellt“.

Dieses weihnachtliche Lichtzeichen kann neue Hoffnung und neuen Mut wachsen lassen. Trotz allem Leid und aller Ungerechtigkeit. Das Licht des Glaubens leuchtet gegen alle Dunkelheit.

Das ist keine fromme Betulichkeit, keine Flucht vor der Welt, wie sie eben ist. Das weihnachtliche Licht setzt in Bewegung, macht Menschen zu Lichtträgern. Ungezählte sind es derzeit im ehrenamtlichen Engagement für Flüchtlinge. Was für ein Lichtzeichen! Andere sind unscheinbar da für andere: für Familie und Nachbarn, für die alt gewordenen Eltern, für Menschen, die im Schatten leben. Vielen geht dabei ein Licht auf, dass gelebte Nächstenliebe nicht ärmer, sondern reicher macht. Das göttliche Licht verbraucht sich nicht. Wir können es weitergeben an andere, selber Lichtträger werden. Seit Jesu Geburt leuchtet es als Lichtzeichen der Liebe Gottes in unserer Welt.

Ich wünsche Ihnen gesegnete, lichtvolle Weihnachten.

Dr. Hans Christian Brandy
Landessuperintendent in Stade