Lebensretter zurück in Ostfriesland

Nachricht Holtland, 10. August 2016

Regionalbischof Klahr begrüßt Jonas Buja in Holtland

Am ersten Tag nach seiner Rückkehr hatten Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr und der Kirchenvorstand der Evangelisch-lutherischen Marien-Kirchengemeinde Holtland Jonas Buja mit einem gemeinsamen Essen begrüßt. Jonas Buja (24), Kirchenvorsteher in Holtland und von Beruf Nautischer Wachoffizier, hatte ehrenamtlich an einem Einsatz zur Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer auf dem  Schiff „Iuventa“ als Steuermann teilgenommen. Dieser erste dreiwöchige Einsatz von „Jugend Rettet“ hatte den Namen „Mission Solidarity“, um die uneingeschränkte Solidarität mit Menschen auf der Flucht zum Ausdruck zu bringen. Diese erste Mission wurde nun mit 1.388 Geretteten erfolgreich abgeschlossen.

„Wir wollen nicht einfach zum Alltag übergehen, sondern wir möchten diesen besonderen Einsatz würdigen und Jonas die Gelegenheit geben, von seinen Erlebnissen zu erzählen“, sagte der Regionalbischof für den Sprengel Ostfriesland-Ems. „Wir sind stolz auf Dich! Ich freue mich besonders, dass wir einen Kirchenvorsteher haben, der sich mit seinen Gaben nicht nur in die Gemeindearbeit einbringt, sondern seine Berufung als Christ und seinen Beruf auch zur Rettung von Menschenleben im Mittelmeer!“ Damit habe Buja ein Zeichen der Humanität und Nächstenliebe gesetzt. Unter Gebet und Segen dankte Klahr für die Rückkehr des jungen Seemanns.

Der Ortspastor, Sven Grundmann, freute sich über die Rückkehr seines Kirchenvorstehers und sagte ihm: „Es ist etwas Besonderes in der Geschichte unserer Kirchengemeinde, solch einen Kirchenvorsteher zu haben. Ihr Einsatz verdient unsere Hochachtung. Hochachtung auch dafür, wie selbstverständlich Sie es als christliche Verpflichtung ansehen, anderen in lebensbedrohlichen Situationen zu helfen. Ihr besonderer Einsatz hat Achtung und Würdigung verdient.“ 

„Ich habe noch nicht alles verarbeitet, was in den letzten drei Wochen passiert ist“, begann Jonas Buja seinen Bericht vor dem Kirchenvorstand, Freunden und Verwandten. Am 20. Juli flog er nach Malta, um von dort aus mit dem Schiff „Iuventa“ von der gerade erst vor einem Jahr gegründeten Aktion „Jugend Rettet“ zu starten. Nach wenigen Tagen Vorbereitungszeit fuhr das 14-köpfige Team los, um außerhalb der zwölf Meilen Zone vor der libyschen Küste zu kreuzen. „Gleich am ersten Einsatztag hatten wir über 500 in Seenot geratene Menschen versorgt. 441 davon konnten wir an Bord holen. Die übrigen konnten mit Rettungswesten versorgt und direkt von einem Marineschiff geborgen werden.“ Wichtig sei es zunächst gewesen, dass in Ruhe eine kontrollierte Wasserausgabe und eine medizinische Erstversorgung erfolgen konnte. Völlig entkräftete Menschen, die vier bis sechs Stunden auf dem Meer ohne Verpflegung unterwegs waren und schon vorher einen halben Tag in der prallen Sonne am libyschen Strand gesessen hatten, hätten sicher seit 24 Stunden nichts mehr getrunken. Die etwa zehn Meter langen Schlauchboote seien mit gut 120 Personen völlig überfüllt gewesen. Höchstens die Hälfte könnte dort entsprechend Platz finden, so Buja. Da sei es lebensnotwendig, dass alle die Ruhe bewahren. Buja habe einmal erlebt, wie die Menschen in Panik gerieten und ins Wasser sprangen, glücklicherweise nachdem sie schon Rettungswesten erhalten hatten. „Wir konnten sie einfach nicht beruhigen“, sagte der Nautiker enttäuscht. 

„Ein seelischer Tiefpunkt für mich war es, mitzuerleben, dass zwei junge Frauen, kaum 20 Jahre alt, tot an Bord gebracht wurden und wir ihnen nicht mehr helfen konnten.“ Und Buja erzählte weiter: „Nachdem wir sie dann in eine Ecke gelegt hatten, um ihnen die entsprechende Würde zukommen zu lassen, drehte ich mich um und mich lächelte ein Mann an, der gerettet war. Da tat es gut, an die vielen Menschen zu denken, denen wir helfen konnten. Auch war es berührend für mich, wenn einige, sobald sie an Bord kamen, sich hinknieten und Gott dankten. Es ist beeindruckend, solche Menschen zu erleben, die ihr Gottvertrauen nicht verloren haben.“

Die 33 Meter lange Iuventa ist ausgerüstet für die Erstversorgung. Wenn ihre Besatzung in Seenot geratene Menschen erblickt, verständigt sie die Rettungsleitstelle in Rom und handelt weiter auf deren Anweisung. Der Seemann lobte die enge Zusammenarbeit mit der italienischen Küstenwache und der Marine aus Irland und Spanien. Deren Schiffe brachten die Geretteten dann nach Sizilien oder Lampedusa.

„Die positiven Erlebnisse überwiegen und vor allem der gute Zusammenhalt im Team“, sagte Buja zum Abschluss und erzählte von der Besatzung aus Italien, Spanien und Deutschland, den drei Nautikern, einem Ingenieur, einem Arzt, zwei Rettungssanitätern, den zwei Journalisten, einem Elektrotechniker, und vier Bootsfahrern, darunter Abiturienten und Studenten, auch der Gründer der Initiative „Jugend Rettet“, Jakob Schoen. Er hatte im vergangenen Jahr nach seinem Abitur die Idee zu dieser Initiative und es gemeinsam mit anderen geschafft, durch Spenden und ehrenamtliches Engagement die Initiative ins Leben zu rufen. Nun war Schoen beim ersten Einsatz der Iuventa selbst dabei.

Jonas Buja würde gerne im Herbst einen weiteren Einsatz begleiten. Als Andenken bekam Buja von der Besatzung einen Rettungsring mit seinem Vornamen, denn das Schiff fuhr früher zunächst als Fischtrawler unter dem Namen „Jonas“ und danach zur Absicherung einer Bohrinsel unter dem Namen „Alk Explorer“. Auf dem Rettungsring hatte das ganze Team unterschrieben und auch die Schauspielerin Katja Riemann, die zum Abschluss des ersten Einsatzes nach Malta gekommen war. Riemann und andere bekannte Schauspieler wie Jan Josef Liefers und Maria Furtwängler unterstützen „Jugend Rettet“.

Durch die erste Mission dieser Initiative konnten 1.388 Menschen aus Seenot gerettet werden. Weitere Missionen können durchgeführt werden, wenn genügend Spenden eingehen und Menschen ehrenamtlich auf dem Schiff mitfahren.