Sommer-Empfang des Sprengels Hannover

Nachricht Hannover, 22. Juni 2017

Erster Sommer-Empfang von Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr

Prof. Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien referierte über die Bedeutung der Reformation und der Person Martin Luthers für die heutige Gesellschaft.

Rund 200 Gäste aus Politik, Kultur, Gesellschaft und der Ökumene folgten am Mittwochabend der Einladung von Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr zum Johannis-Empfang des Sprengels Hannovers. Die Neustädter Hof- und Stadtkirche bot bei sommerlichen Temperaturen ein kühles Plätzchen für Begegnungen und Gespräche unter dem Motto des Abends „Zukunft der Reformation“. 

Prof. Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, hielt den Festvortrag mit dem Titel „Was Martin Luther uns heute zu sagen hätte“. Dass ihr als Katholikin das Rednerpult und die Auseinandersetzung mit dem revolutionären Vermächtnis Martin Luthers überlassen sei, deutete Grütters als ein wunderbares Beispiel für gelebte Ökumene. Die bekennende Katholikin Grütters ist seit 2013 Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und zugleich Sprecherin für Kultur im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.

„Nicht nur den Glauben, sondern auch den Zweifel kultivieren“

Die Staatsministerin würdigte den Reformator Martin Luther (1483-1546) als Erneuerer des Glaubens, aber auch als zweifelnden und suchenden Menschen. "Martin Luther steht für Gewissensfreiheit, Urteilskraft und Zivilcourage", sagte sie. Er habe sich weder dem Kaiser noch dem Papst gebeugt. Er irritiere, provoziere und fordere die Menschen heraus bis heute. Luther sei zum Wegbereiter der deutschen Schriftsprache und der pluralistischen Gesellschaft geworden.

"Wenn das Reformationsgedenken uns für die Zukunft eines lehrt, dann die Bereitschaft, auch anderen Religionen eine gewisse Beweglichkeit und Lernfähigkeit zuzugestehen – und unseren Teil dazu beizutragen, dass dieser Lernprozess diesmal nicht jahrhundertelang dauert.“ Die Auseinandersetzung mit Luther rege heute dazu an, selbst  Suchende und Fragende zu bleiben und das Ringen um Antworten auf letzte Fragen apodiktischen Wahrheitsansprüchen vorzuziehen. „Martin Luther lehrt uns, nicht nur den Glauben, sondern auch den Zweifel zu kultivieren.“

Grütters unterstrich zudem den Wert der Kunstfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft. "Den Zweifel kultivieren, das ist eine Lehre aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts." Aus gutem Grund habe Deutschland die Kunstfreiheit in den Verfassungsrang erhoben. "Künstler und Kreative gehören zum Korrektiv einer Gesellschaft", sagte die Ministerin. "Mit ihren Fragen, ihren Zweifeln, ihren Provokationen beleben sie den demokratischen Diskurs." Sie könnten so die Gesellschaft vor gefährlicher Lethargie und totalitären Anwandlungen bewahren.

„Christentum als moralisch-ethisches Gerüst der Gesellschaft – jenseits der Mitgliedszahlen!“

Dem Festvortrag ging ein Grußwort von Prof. Dr. Katja Lembke voraus. Die Direktorin des Landesmuseums Hannover, die auch Synodenmitglied der ev.-luth. Landeskirche Hannovers ist, unterstrich in ihrem Redebeitrag, dass das Christentum nicht allein nach der Kirchenmitgliedschaft bemessen werden könne. „Christentum ist das moralisch-ethische Gerüst unserer Gesellschaft, damit ist es nicht tot, sondern lebt von Generation zu Generation weiter.“ Die Rede vom „postchristlichen Zeitalter“ treffe daher nicht zu. „Zahlreiche Flüchtlinge kämen heute nach Europa, gerade weil sie auf ein liberales Menschenbild stoßen, das durch Christentum und Humanismus geprägt worden ist.“ Lembke ruft daher dazu auf, sich mit Stolz zu den christlichen Grundwerten zu bekennen, ohne dabei die Schattenseiten der Geschichte zu vergessen.

Text: F. Gartmann / epd