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Nachricht Emden, 12. September 2022

Martin Luthers Septembertestament - Gedanken von Regionalbischof Klahr

Vor genau 500 Jahren im September lag sie auf dem Tisch in Wittenberg, die erste Ausgabe des „Neues Testaments Deutsch“ von Dr. Martin Luther übersetzt.
Mich beeindruckt das heute sehr, wenn ich mir die Umstände vor Augen halte, unter denen Martin Luther diese Bibelübersetzung zu Wege gebracht hat.

Nachdem er sich auf dem Reichstag in Worms für seine Reformation der Kirche vor dem Kaiser verantwortet hatte, wurde über ihn die Reichsacht verhängt. Martin Luther war Vogelfrei und konnte von jedem gefangen oder getötet werden. Aus diesem Grunde nahm sein Landesherr, Friedrich der Weise, ihn in Schutzhaft und verbrachte ihn auf die Wartburg bei Eisenach. Dort blieb Luther als Junker Jörg verkleidet fast ein Jahr lang bis zum März 1522. 

In dieser Zeit hat er auch das Neue Testament ins Deutsche übersetzt. Dies war ihm ein wichtiges Anliegen. Alle sollten die gute Nachricht von Gottes Liebe in ihrer Sprache lesen können. In nur elf Wochen fertigte Luther seine Übersetzung an, die dann 1522 als sogenanntes „Septembertestament“ erstmals erschien. 

3000 Exemplare wurden gedruckt. Als Verleger war auch der berühmte Maler Lucas Cranach mit von der Partie. Wenige Monate später mussten schon weitere Exemplare gedruckt werden, so sehr war dieses Neue Testament nachgefragt.

Sprachlich und theologisch war diese Übersetzung eine echte Meisterleistung. Manche Ausdrücke wie „Lockvogel“, „Lückenbüßer“ oder „Dachrinne“ wurden von Luther erst ganz neu geschaffen. Manche Sätze sind sprichwörtlich geworden: „Die Perlen nicht vor die Säue werfen“ oder „das Licht nicht unter den Scheffel stellen“, um nur zwei Beispiele zu nennen.

In seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe des Neuen Testamentes sagt Luther, worum es ihm geht: „Evangelium heißt zu Deutsch gute Botschaft, gute Mär, gute neue Zeitung, gut Geschrei, davon man singet, saget und fröhlich ist.“ Evangelium als gute Nachricht, das ist für Luther die Predigt von Jesus Christus. Und er betont, das Neue Testament ist kein Gesetzbuch, das uns sagt was wir tun oder lassen sollen, sondern die Erzählung von den „Wohltaten Christi“. „Christus sei dein eigen mit Leben, Lehren, Werken, Sterben, Auferstehen, und alles, was er ist, hat, tut und vermag.“ 

Das zu erkennen, so Luther, sollen alle das Neue Testament lesen und die gute Nachricht von Gottes Liebe auf sich beziehen. Was das für einen Menschen im Glauben bedeutet, das hat Luther selbst durch seine Bibellektüre im eigenen Leben erfahren. Und seinetwegen können auch wir bis heute davon erzählen. 

Regionalbischof Dr. Detlef Klahr
Sprengel Ostfriesland-Ems