Singen ist Hoffnung

Nachricht Emden, 10. Mai 2020

Regionalbischof Klahr zum Sonntag "Kantate"

Es ist wunderbar wie die Vögel im Mai zwitschern. Wie gerne möchte ich mit anderen zusammen singen: „Alle Vögel sind schon da, Amsel, Drossel, Fink und Star...“,  aber so fröhlich und unbefangen wie sonst will es mir in diesen Tagen nicht gelingen.

Der kommende Sonntag trägt zwar den Namen Kantate, das heißt „Singet“, aber wir werden in den Kirchen auf den gemeinsamen Gesang aus Sorgfaltspflicht verzichten müssen. Das schmerzt. Ist doch der Gemeindegesang ein Markenzeichen der protestantischen Kirche seit der Reformation.

Ich habe eine 98jährige Bekannte, die im Seniorenheim lebt. Sie ist sehr schwerhörig und kann meist am Telefon nicht verstehen, was ich sage. Sie ruft immer mal wieder an und singt dann ins Telefon ein Lied für mich. Und dann legt sie einfach wieder auf. Manchmal ist einem nicht zum Singen, aber wenn die Christel da im Seniorenheim singt, dann ist das für mich ein Zeichen von Hoffnung und Freude.

So wie es in diesen Tagen ermutigt, wenn uns Bilder von Menschen erreichen, die auf ihren Balkonen singen oder wenn Künstler für andere singen und musizieren.

Die Bibel erzählt oft von der Kraft des Liedes in ganz unterschiedlichen Situationen: Daniel lobt Gott in der Löwengrube, Jonas erfüllt den Bauch des Fisches mit Gesang, Paulus und Silas singen im Gefängnis und Maria singt in ihrer Kammer für Gott.

Manchmal ist es so, dass da ein Lied in uns klingt, tief im Herzen, in der Seele. Ein Lied der Dankbarkeit für das Leben und die Freude, für den Frieden und für die Hoffnung. Wohl auch manches Lied der Wehmut und der Klage. Da bin ich mir sicher, ein Lied entsteht nicht erst auf den Lippen, sondern im Herzen eines Menschen.

Martin Luther hat einmal gesagt: „Christen sind wie Hähne die krähen, wenn die Nacht noch dunkel ist.“ Warum nicht mal wieder diesen Weckruf der Hoffnung in sich wahrnehmen. In den ganz unterschiedlichen Tönen der Klage, des Lobes und des Dankes. Ein Lied hören, das  uns anrührt, erinnert und auch tröstet. Und warum nicht einfach mal für jemanden ins Telefon singen, einfach so zur Freude und zur Hoffnung. Der Sonntag Kantate lädt uns dazu ein.