Vorstellung der neuen Lutherbibel in Emden

Nachricht Emden, 31. Oktober 2016

Festlicher ökumenischer Auftakt zum Reformationsjubiläum

In der Europäischen Reformationsstadt Emden fand der Auftakt zum 500-jährigen Reformationsjubiläum mit einer gemeinsamen Abendveranstaltung der evangelisch-reformierten und evangelisch-lutherischen Kirchen nach dem ökumenischen Gottesdienst am Vormittag einen weiteren Höhepunkt. Präses Hilke Klüver und Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr, Regionalbischof des Sprengels Ostfriesland-Ems und Vorsitzender der Ostfriesischen Bibelgesellschaft, begrüßten über 200 Besucher in der Johannes a Lasco Bibliothek Emden. „Gemeinsam wollen wir das Reformationsjubiläum 2017 gleichsam einläuten und in diesem festlichen Rahmen die neue Lutherbibel vorstellen“, sagte Hilke Klüver. Die a Lasco Bibliothek sei ein würdiger Ort, um die überarbeitete Lutherbibel vorzustellen, das Buch der Bücher in einer Bibliothek zu präsentieren, sagte Klahr. Martin Luthers Anliegen sei es gewesen, dass alle die Bibel lesen könnten. „Warum? Weil wir darin von Gottes Liebe und sein Evangelium erfahren, von Jesus Christus als der Mitte des Glaubens“, sagte der Regionalbischof. Als Synodaler der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), freut sich Klahr, dass die Lutherbibel im Jubiläumsjahr bis zum 31. Oktober 2017 kostenlos als App zur Verfügung  gestellt wird. „Luther war offen für neue Medien und hätte sich sicher darüber gefreut!“

Professorin Dr. Ursula Kocher von der Bergischen Universität Wuppertal stellte die neue Lutherbibel vor. Die Professorin für Allgemeine Literaturwissenschaft und Ältere deutsche Literatur gehört zum siebzigköpfigen Übersetzerteam, das sechs Jahre lang den Bibeltext der Lutherübersetzung überarbeitet hat. Kocher gab einen Einblick in den Überarbeitungsprozess und machte die Zuhörer neugierig auf die neue Bibelausgabe. 

Bibelübersetzung – eine niemals abzuschließende Aufgabe

Martin Luther selbst habe die Übersetzung der Bibel als eine niemals abzuschließende Aufgabe betrachtet, die ihn von seiner Zeit auf der Wartburg 1521 bis zu seinem Tod 1546 begleitet habe. Wie die Übersetzer heute habe auch Luther im Team gearbeitet. Kocher berichtete von der bereichernden Zusammenarbeit von Theologen und Germanisten und zog das Fazit: „Eigentlich müsste man Luthers Aufforderung ernst nehmen und nach seinem Vorbild kontinuierlich und immer wieder mit dem Wort ringen.“ Kocher forderte dazu auf, die neue Bibelausgabe nicht als abgeschlossenes Werk zu betrachten, sondern als Worte, die gerade dadurch lebendig bleiben, indem sie beständig, „wie Wackersteine und Klötze“, wie Luther es formuliert habe, bewegt werden.

In jüngster Vergangenheit, im 20. Jahrhundert, seien fünf Überarbeitungen erschienen. In den drei Grundsätzen des „Dolmetschens“, wie Luther den Vorgang der Bibelübersetzung bezeichne, sei dieser nie endende Vorgang der Überarbeitung angelegt. Luther sei es in erster Linie darum gegangen, theologische Erkenntnisse in einem Deutsch „an den Mann“ zu bringen, das verständlich und eindrücklich gleichermaßen sei. Voraussetzung dafür sei die möglichst getreue Erfassung des Sinns des Ausgangstextes, um sich dann zu überlegen: „Wie redet der deutsche Mann in solchem Fall?“ Luther setzte in seiner Bibelübersetzung die Verständlichkeit an die erste Stelle. Die Sprache selbst aber sei in ständiger Entwicklung gewesen, so Kocher.

Bevor die Übertragung in die deutsche Sprache geschehen konnte, musste jeder Satz mit dem griechischen und hebräischen Urtext verglichen werden. Dazu lagen Luther die zur damaligen Zeit besten Texte vor, die sich aber wiederum von den heutigen Textvorlagen unterscheiden.

Wie zu Zeiten Luthers hatten auch die heutigen Bearbeiter des Bibeltextes sich drei Anforderungen zu stellen: Die wissenschaftliche Fundierung der Ausgangstexte, die geschichtlichen Gegebenheiten einer Übersetzung und die Lesbarkeit der Übersetzung.

 

Luthers Sprache gehört zum kulturellen Gedächtnis

Luthers Sprache gehöre mittlerweile zum kulturellen Gedächtnis, so sei man in vielen Fällen zum Luthertext von 1545 zurückgekehrt, wenn neuzeitliche Überarbeitungen zu einem fehlerhaften Text geführt hätten. „Nicht selten hatten Luther und seine Übersetzungsgruppe die beste aller Lösungen gefunden“, sagte Kocher. Dass man heute nach einer gründlichen Überprüfung in vielen Fällen zu Luthers Text von 1545 zurückgekehrt sei, sei für alle Beteiligten überraschend gewesen.

„Die Bibel, die Luther ins Leben rufen wollte, sollte in einer Sprache sein, die die Leser direkt und unmissverständlich erreicht, die wie in mündlicher Rede zum lesenden Christen spricht“, sagte die Germanistin und empfahl das laute Lesen der Bibel. 

Ostfriesische Bibelgesellschaft unterstützt Bibelverbreitung

Der Geschäftsführer der Ostfriesischen Bibelgesellschaft, Alwin Pfanne, stellte die Ostfriesische Bibelgesellschaft (OBG) vor: „Uns liegt die Verbreitung der Bibel am Herzen, nicht nur, dass sie gedruckt vorliegt, sondern auch unter die Menschen kommt. So unterstützen wir verschiedene Aktionen, die Bibel ins Gespräch zu bringen, sei es die Mitfinanzierung von Bibelwochen und Kinderbibeltagen, oder das Verteilen von Themenheften zu Ostern und Weihnachten an die Tafeln.“ Die Ostfriesische Bibelgesellschaft besteht seit 178 Jahren und hat 127 Mitglieder, darunter 90 lutherische und reformierte Kirchengemeinden, ein Kirchenkreis und 36 Einzelpersonen. Innerhalb der Deutschen Bibelgesellschaft sei dies ein Alleinstellungsmerkmal, dass die OBG so viele Gemeinden als Mitglieder habe, freute sich der Geschäftsführer.

Der Gospelchor „Celebration“ unter der Leitung von Frauke Tillmann aus Neermoor hatte mit seinen musikalischen Beiträgen dem Abend einen festlich fröhlichen Glanz verliehen. Im Anschluss an den Vortrag gab es bei Getränken und „Lutherbrötchen“ die Gelegenheit zu Begegnung und Gespräch.