Einweihung von Schweringer Glocke und Mahnmal

Nachricht 01. Juni 2020

Regionalbischöfin widmet neugestaltete Glocke

Die Künstler Klaus-Dieter Eichler und Hannes Arnold (v.l.n.r.), Superintendent Martin Lechler (Kirchenkreis Nienburg), Christiane Noltemeier (Kapellengemeinde Schweringen), Pastorin Tineke Jarecki und Regionalbischöfin Dr. Petra Bahr (Sprengel Hannover) haben das Kunstwerk 'Hörmal' am Pfingstsonntag eingeweiht, das mit seiner seitlichen Öffnung auf die neugestaltete Glocke im Turm hinweisen soll (Foto: Fabian Gartmann).

Schweringen/Kr. Nienburg (epd). Anderthalb Jahre nach ihrer Entwidmung ist am Pfingstsonntag in Schweringen bei Nienburg eine frühere "Hakenkreuzglocke" als Mahnmal wieder eingeweiht worden. Die Bronzeglocke in der dortigen Kreuzkirche war im November 2018 nach einem heftigen Streit in dem 800-Einwohner-Dorf stillgelegt und von zwei Künstlern aus Nürnberg umgestaltet worden. Die evangelische Regionalbischöfin Petra Bahr übergab sie mit einer kleinen Feier neu ihrer Bestimmung. Wegen der Corona-Pandemie fand die Feier in nichtöffentlichem Rahmen statt.

Die Nürnberger Künstler Hannes Arnold und Klaus-Dieter Eichler haben auf dem heute beschädigten Glockenkörper inzwischen einen warnenden Bibelvers angebracht, der sich wie eine Schärpe quer über das Metall zieht. Zudem enthüllen sie am Sonntag am Fuße des Kirchturms ein Kunstwerk, das Besucher an die Geschichte der Glocke erinnern soll. Für die künstlerische Umgestaltung investierte die hannoversche Landeskirche rund 30.000 Euro.

Regionalbischöfin Bahr betonte, die kritische Beschäftigung mit der Glocke sei langwierig aber notwendig gewesen. "Die alte Glocke ist verwandelt. Sie ist eine Beziehung mit dem Mahnmal vor der Tür eingegangen. Nun kann jeder sehen, dass diese Glocke eine Geschichte hat", sagte die Theologin am Sonntag. "Der Schriftzug legt sich über die Spuren des weggeflexten Hakenkreuzes, ohne diese Spuren verschwinden zu lassen. Keine neue Dekoschicht, die sich über die Geschichte legt, sondern ein Wort Jesu aus dem Matthäusevangelium." Die Glocke läute wieder. Sie trage schwer am Gewicht ihrer Geschichte, aber das Wort Jesu lasse sie leicht werden.

epd - Landesdienst Niedersachsen-Bremen

Das Kunstwerk "Hörmal"

In das Mahnmal vor der Kirche wurden Steine aus Schweringen eingearbeitet und ein Bonhoeffer-Zitat eingraviert (Foto: Fabian Gartmann).

In das rund 1,70m hohe Kunstwerk am Fuße des Kirchturms ist seitlich eine Öffnung eingearbeitet, die an die Gussform der Glocke erinnert. Spricht jemand in diese Aushöhlung hinein, reflektiert der Schall. Nach der Idee der Künstler sei der Betrachter so aufgefordert, „seine Position zur Geschichte zu bedenken“. Aus einem Denkmal werde so ein ‚Hörmal‘.

Die quaderförmige Skulptur ist aus gemahlenem Klinker angefertigt, dem lokales Steinmaterial aus Schweringen zugesetzt wurde. In den Monolithen ist das Bonhoeffer-Zitat „Vergebung ist ohne Anfang und Ende“ eingraviert. Der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer war ein bekannter kirchlicher Widerstandskämpfer im Dritten Reich, der von den Nationalsozialisten kurz vor Kriegsende hingerichtet wurde.

„Vergebung ist eine dauernde Aufgabe. Auf diese Verantwortung wollten wir hinweisen. Vergebung haben wir nicht selbst in der Hand. Sie kann nur erbeten werden. Diese Bitte beten wir täglich im Vaterunser.“, erläutert Pastorin Tineke Jarecki die Textauswahl.

Die neugestaltete Glocke

Die umstrittene Glocke wurde mit einem Bibelvers neu gestaltet. Nun kann die Schweringer Kapellengemeinde künftig wieder mit vollem Glockengeläut zu Gottesdiensten einladen (Foto: Fabian Gartmann)

Die Glocke hat eine neue Beschriftung erhalten, welche die noch vorhandene Inschrift wie auch die weggefrästen Stellen überschreibt. So sollen nach Vorstellung der Künstler „die Spuren der Zeiten durchscheinen“, aber gleichzeitig auch „das neue Verständnis und die Haltung zur Vergangenheit“ markiert werden. Aufgebracht wurde nun ein biblischer Vers aus dem Neuen Testament: „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ (Matthäus-Evangelium 16,26)

Hintergrund

Auf der 1934 gegossenen Glocke war 2017 ein etwa 35 mal 35 Zentimeter großes Hakenkreuz entdeckt worden. Die Landeskirche bot daraufhin einen Austausch der Glocke an. Einige Schweringer sprachen sich für den Verbleib der Glocke aus. Im Verlauf des Streits über den weiteren Umgang stiegen Unbekannte im März 2018 heimlich auf den Kirchturm und frästen das Ha-kenkreuz und Teile der Inschrift mit einem Winkelschleifer weg. In einem Gottesdienst am Buß- und Bettag 2018 wurde die Glocke offiziell entwidmet und außer Dienst gesetzt. Die Kapellengemeinde Schweringen und die Landeskirche hatten sich zuvor auf eine Umgestaltung der Glocke im Rahmen eines Künstlerwettbewerbs geeinigt.

Eine Jury mit Vertretern der örtlichen Kapellengemeinde, des Kirchenkreises Nienburg und der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers hatten die eingereichten Beiträge gesichtet und sich im Dezember 2019 einstimmig für den Beitrag des Nürnberger Ateliers Arnold+Eichler ausgesprochen.

Fabian Gartmann - Öffentlichkeitsarbeit Sprengel Hannover