Kinderwunsch-Wunschkind-Designerbaby

Nachricht Lingen, 04. Mai 2017

Gottesdienst und Gespräch zur „Woche für das Leben“

„Medizinische Möglichkeiten und Hilfen dürfen nicht dazu führen, das Geschenk des Lebens einem Optimierungs- und Machbarkeitswahn preiszugeben. Nicht alles, was geht, scheint auch geboten und nicht jede Planbarkeit dient dem Leben“, sagte Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr anlässlich der bundesweiten Woche für das Leben. Die christlichen Kirchen der  Region Emsland/Ostfriesland/Osnabrück veranstalteten unter dem Motto „Kinderwunsch – Wunschkind – Designerbaby“ einen ökumenischen Gottesdienst und eine Gesprächsrunde im Ludwig-Windthorst-Haus in Lingen.

Den Gottesdienst feierten Weihbischof Johannes Wübbe vom Bistum Osnabrück, der Regionalbischof des Evangelisch-lutherischen Sprengels Ostfriesland-Ems, Landessuperintendent Dr. Detlef Klahr, und Präses Ilse Landwehr-Wegner von der evangelisch-reformierten Gemeinde Osnabrück. Der Chor Cantamus unter der Leitung von René Kollai gestaltete den Gottesdienst musikalisch.

Die Woche für das Leben thematisiere in diesem Jahr das große Thema  „Kinderwunsch“.  Es seien dabei nicht nur die ethischen Fragen abstrakt zu bedenken, sondern es gelte auch die besondere Not und das Ringen von Männern und Frauen wahrzunehmen, die oft einen langen Weg von Entbehrung und vergeblichen Mühen auf sich nehmen, sagte der lutherische Regionalbischof in seiner Predigt.

„Der unerfüllte Wunsch nach einem Kind kann das Leben belasten und krank machen. Das oft über einen langen Zeitraum ins Leere gehende Sehnen nach einem Kind und  die legitime Suche nach medizinischer Hilfe ist von den Kirchen ernst zu nehmen. Seelsorgerliche, wertschätzende Begleitung ist ebenso wichtig, wie fachliche umfassende Beratung“, so Klahr.

„Bei den komplexen Fragen, die die diesjährige Woche für das Leben aufwirft, sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass das Leben ein Geschenk Gottes ist und Gott  jedes Leben bejaht“, sagte Weihbischof Wübbe.

Die anschließende Gesprächsrunde zu der Frage „Familie machen?“ leitete die Journalistin Susanne Haverkamp aus Osnabrück. Diskussionsteilnehmer waren der Moraltheologe Prof. Dr. Elmar Kos von der Universität Vechta, Dr. Christoph Hutter vom Psychologischen Beratungszentrum Lingen und Heike Veen von der Schwangerschaftsberatung des „Sozialdienstes katholischer Frauen“.

Die drei Themenbereiche „Kinderwunsch-Wunschkind-Designerbaby“ müssten unbedingt sorgfältig auseinandergehalten werden, forderte der Psychologe, Dr. Christoph Hutter. Der Kinderwunsch sei existentiell, von der Vorstellung eines Wunschkindes aber, das man nach eigenen Wünschen gestalten möchte, sei Abstand zu nehmen. „Die Fixierung auf ein perfektes Ziel macht krank. Das müssen wir als Einzelne, als Paare und als Gesellschaft bedenken“, so der Psychologe. „Wir leben in Zeiten von Machbarkeits- und Wachstumswahn, der gesellschaftlich prägend ist. Wir leben in dem narzisstischen Wahn, perfekt zu sein“, so Hutter. Da würden keine Ohnmachtsgefühle zugelassen. Alles müsse planbar sein. Die Auffassung, alles sei optimierbar, sei zu entzaubern. „Der Anspruch, es muss alles perfekt sein, macht uns kaputt und die Überforderungsdynamiken macht die die nächste Generation kaputt!“

In der Gesprächsrunde wurde die Bedeutung von Beratungsstellen anschaulich, handelt es sich doch stets um individuelle Entscheidungen.

Heike Veen begleitet Eltern nach einer vorgeburtlichen Diagnose ihres Kindes, damit sie so stabil werden, eine Entscheidung treffen zu können und ihre Kinder zu begleiten.

Es gelte, Paare mit einem unerfüllten Kinderwunsch und werdende Eltern mit ihren Entscheidungen nicht allein zu lassen. Das gewährleiste das kirchliche Beratungsangebot.

Die persönliche Begleitung sei von allgemeinen ethischen Grundsätzen zu unterscheiden, die die Moraltheologie aufstelle, führte Professor Kos aus. Grundsätzlich sei eine Präimplantationsdiagnostik nicht tragbar, weil Embryonen verworfen würden. Das widerspreche der Unverfügbarkeit des Menschen und seiner Würde.

Die bundesweite Aktion der katholischen und der evangelischen Kirche „Woche für das Leben“ fand in diesem Jahr vom 29. April bis 6. Mai statt.

Bei diesem Jahresthema geht es um die mit Geburt und Zeugung zusammenhängenden Fragen der reproduktionsmedizinischen Techniken und der diagnostischen Verfahren zum Erkennen genetischer Defekte und Krankheiten vor Implantation oder Geburt sowie um die neueren Diskussionen zu Genome Editing und Social Egg Freezing.