Gedenken an die Pogromnacht

Nachricht Hannover, 12. November 2017

Konzert mit jüdischer Orgel- und Chormusik in der Marktkirche

Prof. Andor Izsák dirigiert den Kammerchor Camerata Carolina der Universität Heidelberg (Foto: F. Gartmann).

Das von Prof. Andor Izsák organisierte Konzert zum Gedenken an die Reichspogromnacht vor 79 Jahren füllte die Marktkirche am Sonnabend bis auf den letzten Platz. Unter seiner Leitung präsentierte der Kammerchor Camerata Carolina der Universität Heidelberg Psalmvertonungen des jüdischen Komponisten Louis Lewandowski - an der Orgel begleitet von Alexander Ivanov, Organist und Kantor aus Keitum/Sylt. Oberbürgermeister Stefan Schostok hob das Gedenkkonzert in seinem Grußwort als festen Bestandteil und musikalisches Juwel der vielfältigen Erinnerungskultur in Hannover hervor.

Landessuperintendentin Dr. Petra Bahr rief in ihrem Trauergebet dazu auf, sich gegen Fremdenfeindlichkeit aller Art einzusetzen. „Wenn heute Menschen wieder Lügen verbreiten über nahe und ferne Nachbarn, wenn sie zu Hass und Ausgrenzung aufrufen und neue Judenfeindschaft sich breit macht unter uns, lass uns nicht verstummen, Herr, lass uns nicht schweigen.“ hieß es in einer Fürbitte.

In seiner Begrüßung machte Stadtsuperintendent Hans-Martin Heinemann auf die Gegenwartsbedeutung der Pogromnacht aufmerksam. „Wer als Kind Deutschlands leben will – heute und morgen – muss um den 9. November 1938 wissen. Wer als Bürger und Bürgerin im Herzen Europas leben will, stolz und aufrecht einstehen will für Demokratie und Menschenrechte, den Amerikanischen und den Türkischen Präsidenten wegen ihres grenzverletzenden Umgangs mit den Werten der Freiheit tadeln will, der muss die Geschichte Nazideutschlands kennen. Wer als Zeitgenosse in einer modernen, die Zukunft verantwortenden Welt leben will, der muss um den Blutzoll wissen, der so vielen Menschen Europas und in aller Welt abgepresst wurde.“, so Heinemann.

Auch Schostok rief dazu auf, aus der Geschichte zu lernen. „Heute darf es keine Zusammenarbeit mit Gegnern des Rechtsstaates oder mit Feinden einer offenen Gesellschaft geben. Hannover ist eine weltoffene, internationale und tolerante Stadt. Wir geben denjenigen, die religionsfeindliche Stimmung verbreiten und die Gesellschaft spalten wollen, keinen Raum.“ Das Erinnern setze ein Zeichen gegen Menschenfeindlichkeit, gegen Extremismus, gegen Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft, betonte der Oberbürgermeister.

Domkapitular Propst Martin Tenge gedachte in seinem Gebet der Opfer der Pogromnacht. „Wir erinnern uns schmerzlich an die Unfassbarkeit, dass viele so neugierig zugeschaut haben, untätig geblieben sind oder gar Beifall geklatscht haben. So gilt in dieser Stunde unser Gebet und unser Gedenken aller Opfer dieser grausamen Zeit – verbunden mit der Bitte um Vergebung.“ Der katholische Theologe bat um ein „Herz der Menschlichkeit, das nicht zulässt, dass Menschen wegen ihrer Religion oder ihrer Herkunft verfolgt, verachtet oder vernichtet werden.“

Text: F. Gartmann