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Rathing mit EKD-Delegation auf der ITB in Berlin

Nachricht Berlin/Lüneburg, 08. März 2012

Glücksverheißungen in Kirche und Tourismus diskutierten am Donnerstag Spitzenvertreter der evangelischen und katholischen Kirche mit Tourismusfachleuten bei der Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Mit dabei auf der weltgrößten Tourismus-Messe war eine 14-köpfige Delegation aus der Hannoverschen Landeskirche, darunter auch Landessuperintendent Dieter Rathing. Erstmals war das seit 34 Jahren bestehende ökumenische Kirchenforum so hochrangig besetzt.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der rheinische Präses Nikolaus Schneider meinte: „Menschen denken im Urlaub häufig über sich selbst nach. Viele suchen dann Informationen über den Glauben und spirituelle Erfahrungsräume.“ Der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle, der für den erkrankten Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenz Erzbischof Dr. Robert Zollitsch gekommen war, bestätigte aus seiner Erfahrung als Urlauber-Seelsorger: „Die Neigung transzendentale Erfahrungen zuzulassen, ist im Urlaub wesentlich größer“. Die Wiener Hoteleigentümerin Michaela Reitterer meinte allerdings: „Die neuen Seelsorger sind oft die Barkeeper!“

Zu dem Titel der Veranstaltung „Reif fürs Paradies“ meinte die Berliner Dompredigerin Dr. Petra Zimmermann: „Regression allein ist zu wenig als Urlaubsziel“. Theologisch gesprochen liege das Paradies hinter uns und eine neue, himmlische Stadt vor uns, in der unterschiedliche Menschen versöhnt miteinander leben. Schneider ergänzte: „Der Urlaub ist nicht das Paradies, sondern ein Vorgeschmack darauf!“ Der Urlaub werde stressig, wenn alles perfekt sein müsse, meinte er vor den 100 Veranstaltungs-Teilnehmern aus ganz Deutschland.

Massentourismus – zum Beispiel bei Wasserverbrauch oder auch dem Tragen von kurzen Hosen – sei für die Gesellschaft des Gastgeberlandes eine große Herausforderung, meinte Merian-Chefredakteur Andreas Hallaschka. „Die Eigenverantwortung der Kunden ist relativ klein“ beklagte auch der Vorstandsvorsitzende der Thomas-Cook-AG Dr. Peter Fankhauser, wenn etwa Straßen in Palma de Mallorca nach nächtlichen Touristenfeten vollkommen verdreckt seien. Andererseits bringe der Tourismus einem Land wie Ägypten Wohlstand und Stabilität.

Präses Schneider findet positiv, dass viele Menschen zu vertretbaren Preisen Urlaub machen können, forderte aber respektvollem Umgang mit den Gastgebern und Bischof Trelle ergänzte das „Prinzip Nachhaltigkeit“. Auf Nachfrage aus dem Publikum nannte Hallaschka das Pilgern „einen interessanten Wachstumsmarkt“. Dompredigerin Zimmermann lädt die eine Million Besucher des Berliner Doms ein zu Andachten und Gottesdiensten, oder auch zu geistlichen Stadtführungen. Man brauche den Tourismus als Einnahmequelle, um das Gebäude erhalten und Veranstaltungen anzubieten zu können, so Zimmermann abschließend.

Im Nachgespräch meinte der Lüneburger Landessuperintendent Dieter Rathing: „Auch im Sprengel Lüneburg haben wir kleine Paradiese“, etwa Heideklöster, aber auch Heidepark oder Südseecamp in Wietzendorf, wo die Kirche mit Mitarbeitern präsent sei. So gebe es geöffnete Kirchen, geistliche Führungen in den Klöstern oder auch diakonische Angebote in den großen Parks für Kinder. Ihm fehlte allerdings in der Diskussion etwas die Umweltbelastung durch das Reisen selbst: „Ich habe beim Fliegen immer ein schlechtes Gewissen!“

Diakon Klaus Stemmann, Leiter von „Kirche im Tourismus“ im Haus Kirchlicher Dienste in Hannover, meinte: „Tourismus steht nicht nur für Geld und Kirche nicht nur für Glauben“. Beide brauchten einander, aber auch brauche die Kirche Geld. Sie habe vor allem Segen und spirituelle Räume einzubringen. Die Kirche biete kein Paradies, helfe aber Schuld abzulegen. Er frage sich, ob die Kirche schon genug auf die offenkundige Paradies-Sehnsucht der Menschen eingehe. 

Gunnar Schulz-Achelis