"Heute reden wir über Austauschprogramme"

Nachricht Lüneburg, 28. September 2012

Afrikanische Kirchenvertreter vier Tage lang zu Gast in Lüneburg

Lüneburg. „Keine Kirche ist so groß, dass sie nicht auch etwas empfangen könnte; und keine Kirche ist so klein, dass sie nicht auch etwas geben könnte.“ Das sagte Joseph Bvumbwe, Bischof der rund 120.000 Mitglieder zählenden evangelisch-lutherischen Kirche von Malawi bei einem Pressegespräch in der Lüneburger St. Nicolai-Kirche. Vier Tage lang war Bvumbwe im Rahmen der dritten Partnerschaftskirchenkonsultation des Evangelisch-lutherischen Missionswerks in Niedersachsen (ELM) in der Salzstadt zu Gast. Ebenso wie der Generalsekretär der Äthiopischen Evangelischen Kirche Mekane Yesus, Dr. Berhanu Ofgaa, sowie Themba S. Kathi, Exekutivsekretär der Südost-Diözese der Evangelisch-lutherischen Kirche im Südlichen Afrika.

Das Selbstbewusstsein der Partnerkirchen auf dem afrikanischen Kontinent brachte auch Ofgaa zum Ausdruck, der im Blick auf die gegenseitigen Beziehungen von einem Paradigmenwechsel sprach: „Bisher haben wir Missionare empfangen, jetzt reden wir über Austauschprogramme.“ Als die evangelische Kirche Äthiopiens vor etwa 50 Jahren unter anderem durch Unterstützung des ELM gegründet wurde, hatte sie rund 20.000 Mitglieder, heute zählt sie 5,8 Millionen Christen. Die Kirche in Äthiopien gehört zu den am schnellsten wachsenden Kirchen überhaupt, zuletzt kamen jährlich rund 300.000 neue Mitglieder hinzu. „Wenn die Hälfte unserer heutigen Kirchenmitglieder jeweils zwei Menschen von Gott erzählen, sind wir in ein paar Jahren 30 Millionen“, beschreibt Ofgaa das strategische Ziel. Wobei Kirchenmitgliedschaft in Äthiopien zumeist aktives Christsein bedeutet. „80 Prozent kommen sonntags zum Gottesdienst“, berichtete der Generalsekretär nicht ohne Stolz.

Erstmals bot die zehntägige ELM-Partnerkirchenkonsultation den insgesamt 19 ausländischen Teilnehmern die Gelegenheit, sich über die kirchliche Arbeit vor Ort zu informieren. Zu dem von Superintendentin Christine Schmid und Landessuperintendent Dieter Rathing organisierten Programm gehörte unter anderem das Erntedankfrühstück der Behindertenarbeit des Kirchenkreises in der St. Nicolai-Kirche. In Südafrika sehe die Kirche ihre Hauptaufgabe vor allem in der spirituellen Glaubensvermittlung, sagte Themba S. Kathi. „Hier erlebe ich, dass die Kirche sich um den ganzen Menschen kümmert“, zeigte sich der afrikanische Kirchenvertreter beeindruckt. Auch Bischof Bvumbwe erkannte in der Zuwendung zu behinderten Menschen eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie erinnere ihn an seine Heimat Malawi: „Die Kirche sagt zu den Armen: Ihr seid willkommen – Christus ist da, wo die Menschen sind.“

Eine Veranstaltung zur Begrüßung von neuen Konfirmanden, Besuche beim Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt und im Evangelischen MedienServiceZentrum in Hannover sowie die Teilnahme an Gottesdiensten wie dem 150-jährigen Kirchenjubiläum in Rosche (Kirchenkreis Uelzen) gehörten zu den weiteren Einblicken in die Praxis. Zudem konnten die Gäste bei einem Gespräch mit Mitgliedern der Landessynode aus dem Bereich des Sprengels einen Eindruck von der Arbeit dieses kirchenleitenden Gremiums gewinnen.
So stellten etwa Karin Aulike und Elisabeth Schulze, die sich im aus Bildungsausschuss engagieren, die mittlerweile fünf evangelischen Schulen in landeskirchlicher Trägerschaft als Erfolgsmodell vor. „Ihr seid gesegnet“, sagte Ofgaa mit Blick auf die Situation in seiner Heimat, wo es keinen schulischen Religionsunterricht gibt. Dass an kirchlichen Schulen hierzulande sogar islamischer Religionsunterricht möglich ist, konnte der äthiopische Bischof indes nur schwer verstehen. Wie umgekehrt die Länge der afrikanischen Gottesdienste von bis zu drei Stunden für die Gastgeber unvorstellbar schien. „Wir schauen nicht auf die Uhr, sondern auf den Sonnenschein“, brachte Bischof Joseph Bvumbwe schließlich die ebenso tiefsinnige wie heitere Atmosphäre des Gedankenaustauschs auf den Punkt.