Bildung als Suchbewegung

Nachricht Lüneburg , 23. Oktober 2012

Nach 24 Jahren bei der Evangelischen Erwachsenenbildung hört Inge Osterwald auf

Vielen Menschen in den Gemeinden gelten Theologen als Experten, die in Glaubensdingen alles wissen. Doch für Inge Osterwald geht es in der Auseinandersetzung mit der Bibel nicht um fertige Antworten. „Ich verstehe Bildung als Suchbewegung“, erklärt die Pädagogin. Seit 24 Jahren ist die Bildungswissenschaftlerin für die Evangelische Erwachsenenbildung in Niedersachsen (EEB) tätig. Anfangs in Hannover, die letzten 15 Jahre als Geschäftsführerin in Lüneburg. Jetzt wurde die 60-Jährige verabschiedet, die Freistellungsphase der Altersteilzeit hat begonnen.

Um die 8000 Unterrichtsstunden verzeichnet die Lüneburger Geschäftsstelle in den zugehörigen acht Kirchenkreisen derzeit pro Jahr. Im Vergleich mit 1997 sei der Wert „sehr gestiegen“, berichtet Inge Osterwald. Die gelernte Erzieherin, die über den Zweiten Bildungsweg zu ihrem Beruf kam, hat auch inhaltliche Veränderungen ausgemacht. So gebe es heute weniger Veranstaltungen im Bereich der Eltern-Kind-Arbeit. „Mütter steigen nach der Geburt früher wieder in die Erwerbsarbeit ein, für Erziehungsthemen haben sie dann keine Zeit mehr“, nennt die Geschäftsführerin einen Grund.

Zugenommen habe dagegen das Interesse an Themen wie Lebensstil, Umwelt und Gesundheit. Aktuell liege ein Schwerpunkt auf Glaubenskursen. „Wir ermutigen die Teilnehmer, Fragen zu stellen und Antworten selbst zu suchen“, betont die Pädagogin das Profil der EEB.

Im Vergleich zu ihrer Anfangszeit in Lüneburg sei das Interesse an feministischen Fragestellungen „enorm zurückgegangen“. Es sei auch nicht gelungen, jüngere Frauen zu erreichen, „wir sind gemeinsam gealtert“. Das Thema ist heute wohl „nicht mehr so dran“, bedauert Inge Osterwald, auch mit Blick auf die frühere Landesbischöfin: „Margot Käßmann ist nicht mehr da.“ Aus ihrer Überzeugung macht sie gleichwohl keinen Hehl: Gleiche Teilhabe von Frauen und Männern in der Kirche sei längst noch nicht erreicht.

Aufgaben der EEB, die vom Land Niedersachsen und der Konföderation evangelischer Kirchen gemeinsam finanziert wird, sind die Förderung und Gestaltung von Bildungsveranstaltungen in der Kirche. Zum Angebot gehören beispielsweise Fortbildungen zu Themen wie Gewaltfreie Kommunikation sowie Ausbildungsprogramme für Seniorenbegleiter und Anregungen für Besuchsdienste. Auf der Suche nach gesellschaftlich relevanten Themen hat Inge Osterwald sich auch überregional engagiert: im Qualitätszirkel der EEB-Arbeitshefte. Als Mitglied im Beirat der evangelischen Familienbildungsstätte Lüneburg hat sie unter anderem „Wellcome“ mit auf den Weg gebracht – das Projekt bietet Unterstützung für junge Familien.

Obwohl Inge Osterwald in Folge von Umstrukturierungsmaßnahmen eher unfreiwillig ins nordöstliche Niedersachsen kam, habe sich Lüneburg für sie als „Glücksfall“ erwiesen. Die Arbeit mit Ehrenamtlichen – wie etwa eine Langzeitfortbildung für Kirchenvorsteher - gehört für sie zu den schönsten Erfahrungen ihrer Tätigkeit. Die Wertschätzung der Freiwilligen sollte in der Kirche immer mitbedacht und auch ausgesprochen werden, nennt sie eine ihrer wichtigsten Einsichten. Ein anderer Wunsch gilt traditionellen und auch experimentellen Formen menschlicher Gemeinschaft: „Die Kirche sollte viele und immer neue Orte der Begegnung schaffen – nicht nur virtuell“. 

Hartmut Merten

Evangelische Erwachsenenbildung

Evangelisch

Wir orientieren uns am christlichen Menschenbild. Wir verstehen Mensch
und Welt als Schöpfung Gottes. Wir erfahren Gottes Liebe. Wir werden frei
durch Christus. Wir sind für unsere Welt verantwortlich.

Erwachsene

Zu unseren Bildungsangeboten laden wir alle Erwachsenen ein.
Insbesondere wollen wir die ehrenamtlich Engagierten in Kirche und
Gesellschaft ansprechen.

Bildung

Persönlichkeitsentwicklung und Kompetenzvermittlung sind Ziele
unserer Bildungsangebote. Unsere Bildungsangebote vermitteln Wissen
und Fertigkeiten. Sie tragen zur Gestaltung von Beziehung und
Gemeinschaft bei und fördern die Übernahme von Verantwortung
in Kirche und Gesellschaft. Wir verstehen unsere Bildungsarbeit
als Teil der Wahrnehmung öffentlicher Verantwortung der Kirche. 

EEB Niedersachsen