Nur noch ein Pfarramt im Kirchenkreis?

Nachricht Dannenberg, 04. März 2015

Landessuperintendent auf Besuchstour in Lüchow-Dannenberg

Dannenberg. Der Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg verfolgt derzeit ein Mammutprojekt: Die Pfarrämter könnten in absehbarer Zeit zu einem einzigen „Kirchenkreis-Pfarramt“ verbunden werden. Ziel ist es, die geistliche Versorgung der insgesamt 35 zumeist kleinen Kirchengemeinden im Wendland auch in Zukunft sicherzustellen. Dass es auf dem Weg dorthin viele Hürden zu überwinden gilt, wurde bei der Visitation des Kirchenkreises durch Landessuperintendent Dieter Rathing einmal mehr deutlich.  

Der demografische Wandel, rückläufige Kirchenmitgliederzahlen und knapper werdende Finanzen machen  sich in der ländlichen Region in Nordost-Niedersachsen schon seit Jahren stärker bemerkbar als anderswo. Im Wendland gibt es viele Gemeinden, die für einen eigenen Pastor oder eine eigene Pastorin zu klein sind. Das Modell des Kirchenkreis-Pfarramts soll die Seelsorge in der Fläche sicherstellen. „Wir probieren hier etwas aus für die Landeskirche“, sagte Propst Stephan Wichert-von Holten in Gegenwart des Landessuperintendenten Dieter Rathing bei der Sitzung des Kirchenkreistages im Dannenberger Ostbahnhof.

„Hier wird offensiv mit den Herausforderungen der Zukunft umgegangen“, würdigte der Regionalbischof die Idee. Das „Kirchenkreis-Pfarramt“ erfordere allerdings die Lösung vieler, auch rechtlicher Fragen. Vor allem der Kommunikationsaufwand sei enorm. „Die Kultur der breiten Entscheidungsfindung gerät an Erschöpfungsgrenzen“, zitierte Rathing aus dem Kirchenkreis-Bericht zur Visitation und mahnte dazu, die „eigentlichen Aufgaben“ wie Gottesdienst, Unterricht und Seelsorge nicht zu vernachlässigen. „Auf Dauer kann sich der Kirchenkreis diese Strukturdiskussion nicht leisten“, sagte Rathing.

Seit 2009 verändere der Kirchenkreis den Stellenplan nicht mehr, betonte Propst Wichert-von Holten. In den Jahren zuvor hatte man versucht, dem Einsparungsdruck mit Maßnahmen wie Vereinbarungen über regionale Zusammenarbeit oder Fusionen von Kirchengemeinden zu begegnen. „Wir haben erkannt, dass die Zusammenlegung kleinerer Einheiten nicht immer die beste Lösung ist“, sagte Wichert-von Holten. Die Aufgabe bestehe darin, kirchliches Leben zu fördern. Nicht zuletzt dank Unterstützung durch den landeskirchlichen „Strukturanpassungsfonds“ zeigte sich der Propst „guter Hoffnung, dass wir die Zukunft bestehen.“

Als vorbildlich bezeichnete Landessuperintendent Rathing auch die Anstellung von Kantor Jan Kukureit, der die Sänger- und Bläserchöre des Kirchenkreises als Coach berät sowie Fortbildungen für Kirchenmusiker organisiert. Darüber hinaus würdigte der Regionalbischof unter anderem die Weiterbildung von Ehrenamtlichen in der Evangelischen Akademie im Wendland, die Überlegungen zur Einrichtung regionaler Gemeindebüros und den Dienst der rund 45 Lektoren und Prädikanten.

Unter den rund 45 Visitations-Terminen waren auch Besuche im Krankenhaus in Dannenberg, im Altenheim St. Georg in Lüchow  sowie in kirchlichen Beratungseinrichtungen. Die Sorge der hier tätigen Mitarbeitenden, dass sie angesichts knapper Finanzen „hinter runter fallen“ könnten, habe ihn berührt, gestand Rathing: „Kann Kirche zulassen, dass es das eine oder andere diakonische Beratungs- und Hilfeangebot eines Tages vielleicht nicht mehr geben kann?“

Hartmut Merten