Ein Leben fürs Theater

Nachricht Celle, 07. April 2016

Rathing absolviert Betriebspraktikum bei der Technik

Von den Brettern, die die Welt bedeuten, sprach schon Friedrich Schiller. Dass dazu viel handwerkliche Kunst und oft auch körperliche Rödelei gehören, wissen vor allem die Mitarbeiter hinter den Kulissen. Und neuerdings auch Landessuperintendent Dieter Rathing.

Eine Woche lang arbeitete der Regionalbischof für den Sprengel Lüneburg kürzlich in den Werkstätten und bei der Bühnentechnik des Celler Schlosstheaters. Die Idee dazu entstand im vergangenen Jahr im Zusammenhang einer Sprengelbereisung zum Thema Handwerk. Damals hatte Rathing auch Arnd Wortelkamp, den Technischen Leiter des Schlosstheaters, und sein Team kennengelernt. „Mit den Jungs hätte ich mal Lust zu arbeiten“, dachte sich Rathing.

Einmal im Jahr nimmt sich der Landessuperintendent nämlich eine Woche Auszeit, um, wie er sagt, „so gut es geht in eine Arbeitswelt einzutauchen.“

Mit einem Probeaufbau für das diesjährige Sommerstück im Innenhof des Schlosstheaters - William Shakespeares „Was ihr wollt“ – begann der teils schweißtreibende Arbeitseinsatz des Geistlichen. „Dann haben wir das Ding wieder abgebaut.“

Weitere Einblicke gewann Rathing in den Werkstätten des Theaters, wo unter anderem Tischler und Maler für die Gestaltung der Kulissen sorgen.

Einen Höhepunkt erlebte der Regionalbischof schließlich bei dem Projektstück „Fluchtpunkt Celle – vom vertrieben werden und vom willkommen sein“.

Zuvor hatte Rathing die aus ungezählten Koffern bestehende Bühne mit aufgebaut. Danach erklärte Beleuchtungsmeister Tilo Tauscher seinem prominenten Praktikanten die Lichttechnik und die Abfolge der insgesamt mehr als 35 „Stimmungen“.

Schließlich durfte Rathing, selbst bekennender Theater-Liebhaber, die Aufführung des hoch aktuellen Stücks zur Flüchtlingsthematik in der Beleuchtungskabine miterleben.

„Hier greifen viele Räder ineinander“, zeigte sich Dieter Rathing von den präzisen Abläufen der aus 30 Mitarbeitenden bestehenden technischen Abteilung beeindruckt. Dabei gehört das seit etwa 1760 bestehende, älteste Schlosstheater Deutschlands mit 16 fest angestellten Ensemble-Mitgliedern und insgesamt gut 100 Mitarbeitenden zu den kleineren Spielstätten.

Die Umstellung des Spielbetriebs auf das Repertoiresystem mit wechselnden Stücken auf den vier Bühnen des Celler Schlosstheaters sei „die Hölle“ gewesen, erinnert sich der Technische Leiter Arnd Wortelkamp. Wenn die Mitarbeiter nicht mitmachen würden, wären die täglichen Umbauten nicht zu schaffen. „Die Stimmung am Celler Theater ist wirklich, wirklich gut“, unterstreicht Wortelkamp.

Auch Landessuperintendent Rathing hat die Identifikation der Mitarbeitenden mit ihrem Celler Theater beeindruckt. Und das trotz insgesamt mäßiger Bezahlung und in der Regel zeitlich befristeter Anstellungsverträge. Bei Schauspielern wisse man: „Die machen das mit dem Herzen.“ Dasselbe gelte indes für die Handwerker und Techniker, die mehr ablieferten als ihre Pflicht. „Es ist ein Leben fürs Theater.“

Hartmut Merten