Woltersburger Mühle - ein Ort des Friedens. (Foto Merten)

"Frieden" wird an vielen Orten buchstabiert

Nachricht Lüneburg, 18. November 2016

Regionalbischof Rathing besuchte "Orte des Friedens" im Sprengel

Frieden ist ein großes Wort, weiß Dieter Rathing. Als Mitglied einer Arbeitsgruppe im Haus kirchlicher Dienste hat sich der Landessuperintendent in den vergangenen Monaten eingehend mit dem Thema beschäftigt. Um eine Anschauung von praktischer Friedensarbeit zu bekommen und Initiativen zu würdigen, unternahm der Regionalbischof jetzt eine sechstägige Reise zu zwölf „Orten des Friedens“ im Sprengel Lüneburg.

Ein leuchtendes Beispiel ist für Rathing die Woltersburger Mühle bei Uelzen. Das Konzept verbindet ein Arbeitslosenprojekt, Kunst und Kultur sowie das Zentrum für biblische Spiritualität und gesellschaftliche Verantwortung. Die neueste Idee: Auf einer nahegelegenen Wiese soll bis 2018 ein Weg mit Kunstinstallationen zu Sinnfragen entstehen. „Hier werden Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung zugleich erfahrbar“, würdigte Rathing den ganzheitlichen Ansatz der „Mühle“, die auch Tagungs- und Übernachtungsmöglichkeiten bietet.

Bei der Polizeiinspektion Lüneburg, Lüchow-Dannenberg und Uelzen ging es vor allem um Prävention. Dazu gehören neben Einbruchschutz, Opferschutz und Verkehrserziehung unter anderem Programme zur Gewaltprävention unter Kindern und Jugendlichen. Polizeidirektor Hans-Jürgen Felgentreu nannte es einen „Skandal, dass der Staat es nicht schafft, diese elementare Aufgabe zu finanzieren“. Ohne Spenden wäre die Arbeit des Kriminalpräventionsrates nicht möglich.

Sabine Hamann führte den Landessuperintendenten beim Rundgang durch die Justizvollzugsanstalt Uelzen in das Spannungsfeld zwischen Frieden und Unfrieden. So bekamen die Besucher unter anderem einen „besonders gesicherten Haftraum“ zu sehen, lernten andererseits die sozialtherapeutische Arbeit kennen. Dabei gehe es auch um eine neue Perspektive für das Leben der Straftäter, wie Dr. Susanne Jacob erklärte. In einer Gesprächsrunde erzählten vier Gefangene von ihren persönlichen Orten des Friedens:  Für einen 58-Jährigen ist es der eigene Haftraum,  ein jüngerer Mann nennt die Bibelgesprächsgruppe, ein aus Marokko stammender Muslim den sonntäglichen Gottesdienst. „Ich mache Musik, das ist mein Ort des Friedens“, sagt ein 33-Jähriger.

Bei der „Kurve Wustrow“ bekam Rathing einen Einblick in die Ausbildung von 17 Friedensfachkräften, unter anderem aus Nepal, Ukraine, Palästina und Deutschland. Für den 1980 gegründete Verein ist Gewaltfreiheit Programm, für Rathing gerade aus christlicher Perspektive ein zukunftsträchtiger Ansatz: „Wir sollten uns trauen, uns Propheten zu leisten.“ Wie couragierter Protest zum friedlichen Zusammenleben beitragen kann, erfuhr Rathing im Gespräch mit Vertretern des Netzwerks Südheide gegen Rechtsextremismus.

„Ein guter Ansatz für Friedensarbeit ist die Erinnerungsarbeit“, sagt der landeskirchliche Friedensbeauftragte Lutz Krügener, der Rathing auf seiner Reise begleitete. Im Anne-Frank-Haus in Oldau erfuhren die Gäste, wie Schüler auf den Besuch der Gedenkstätte Bergen-Belsen vorbereitet werden. „Wir spannen den Bogen bis zum heutigen Rassismus“, betont Jugendbildungsreferentin Sarah Vogel.

Auch der Lüneburger „Friedenspfad“ will die Erinnerung an Krieg und Gewalt wachhalten. Der Stadtrundgang führt zu insgesamt 24 Orten des Gedenkens. Initiatorin ist die Friedensstiftung Günter Manzke. „Ich wollte 50 Jahre nach Kriegsende dafür danken, dass ich mein ganzes bisheriges Leben ohne Krieg in unserem Land leben durfte“, sagt der Stifter Eberhard Manzke im Gedenken an seinen Vater, der als Flüchtling in den Landkreis kam.

Das Stiftungskapital beträgt heute rund 820.000 Euro. Seit 1995 konnten an die 300.000 Euro an Preisgeldern ausgeschüttet werden. Vor allem an kleine Initiativen, die, dem Stiftungszweck entsprechend, internationale Gesinnung, Toleranz und den Gedanken der Völkerverständigung erkennen lassen.

Den Abschluss bildete der Pilgerweg „Elbe – Wasser – Schöpfung“ von Bleckede nach Stiepelse (Amt Neuhaus) mit rund 20 Teilnehmern. Engagierte Christen aus der Region setzen sich für den Schutz der einzigartigen Flusslandschaft ein und betonen den Zusammenhang von Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung.

„Das große Wort Frieden wird an vielen Orten durchbuchstabiert“, zeigte sich Rathing am Ende seiner Reise beeindruckt. Auch Lutz Krügener staunte über die Vielfalt des Themas. Und darüber, „wie viele Leute auf dem Weg sind und etwas für den Frieden tun“. (mer)