Rathing: "Als Kirche brauchen wir den Ausbruch!"

Nachricht Niederhaverbeck/ Bispingen, 05. September 2019

Generalkonvent in der Lüneburger Heide

Mehr als 200 Pastorinnen und Pastoren aus den zehn Kirchenkreisen des Sprengels Lüneburg haben sich am 4. September in der Lüneburger Heide getroffen. In thematische Wandergruppen ging es unter anderem um Schafe und Heidschnucken, die Bienen und den Wolf. Nach dem gemeinsamen Mittagessen feierten die Geistlichen einen gemeinsamen Abendmahlsgottesdienst unter freiem Himmel - neben der Ole Kerk in Bispingen.

Landessuperintendent Dieter Rathing hatte die Idee zu diesem besonderen Generalkonvent, den Anstoß gab das landeskirchliche Motto für 2019: "Zeit für Freiräume". In einem Interview des Evangelischen Pressedienstes (epd) erläuterte der Regionalbischof das Projekt.

  • Bei ihrer Jahreshauptversammlung sollen die Pastorinnen und Pastoren in diesem Jahr wandern und unter anderem mit einem Schäfer und einem Imker unterwegs sein, was können sie dabei lernen?

Im Sprengel Lüneburg haben wir mit der Heide einen attraktiven Freiraum, den viele Menschen – insbesondere zur Blütezeit – wahrnehmen. Das möchte ich auch den Pastorinnen und Pastoren gönnen. Daneben ist die Heide ein exemplarischer Entscheidungsraum für den Umgang mit Gottes Schöpfung. Wölfe gegen Schafe oder Wölfe neben Schafen? Bienen als lästige Insekten oder als Erhalter unseres Ökosystems?

  • Warum wählen Sie diese ungewöhnliche Form?

Als Kirche brauchen wir den Ausbruch. Ausbruch aus gewohnten Mustern. Ausbruch aus vertrauten Wegen. Ausbruch aus eingespielten Orten. Ausbruch aus quasi heiligen Abläufen. Um der Menschen willen.

  • Das vom Bischofsrat initiierte Jahr unter dem Motto „Zeit für Freiräume“ hat seine Halbzeit schon überschritten. Wo hat es aus Ihrer Sicht etwas bewegt?

An manchen Orten wird die „Zeit für Freiräume“ leicht und spielerisch wahrgenommen: Mit einem Augenzwinkern traut man sich, „ewige“ Routinen in der eigenen Arbeit probeweise einmal zu durchbrechen. Woanders werden die „Freiräume“ zur strategischen Selbstkritik genutzt: Wo sehen wir uns in einem sklavischen Wiederholungszwang gefangen? Wo spüren wir, dass wir nicht mehr „um der Menschen willen“ unterwegs sind, sondern eher im Drehen um uns selbst?

  • Sie haben zum Auftakt dazu ermuntert, Routinen auch mal zu hinterfragen und vielleicht mal eine Gremiensitzung weniger abzuhalten, wie ist die Resonanz?

Von Vielen ist das als eine „befreiende Erlaubnis“ wahrgenommen worden. Oftmals hat das dann einer Konzentration auf das Wesentliche gedient. Mehrfach war ich dabei, wie eine der vielen Sitzungen auch nur anders genutzt wurde. Da stand dann ein geistliches Thema im Vordergrund. Es gibt innerhalb der Kirche ein großes Bedürfnis nach Selbstvergewisserung: Mit welchem Auftrag sind wir heute eigentlich unterwegs?

  • Sie wollten besonders mit Menschen ins Gespräch kommen, die unter starker Arbeitsbelastung leiden. Was haben Sie dabei zum Thema „Freiräume“ erfahren?

In vielen Arbeitszusammenhängen sind die Möglichkeiten zu Freiräumen nicht so groß wie im kirchlichen Dienst. Auch wenn dort Arbeitsverdichtung und oftmals wirtschaftlicher Druck noch stärker erlebt werden. Beeindruckt hat mich, wie selbst in einigen Pflegediensten auf die Frage nach Freiräumen „kleine Antworten“ gefunden werden.

  • Wo haben Sie sich selbst „Freiräume“ gegönnt?

Ich verzichte in diesem Jahr auf meine gewohnte Sprengel-Bereisung zu einem bestimmten Thema. Auf der anderen Seite nehme ich mir den Freiraum, mit monatlichen geistlichen Impulsen für die Pastorinnen und Pastoren den Gedanken für eine „Zeit für Freiräume“ attraktiv zu machen.