Schaede: Hinhören und Hinsehen

Nachricht Lüneburg/ Loccum, 01. Juli 2021

Regionalbischof Stephan Schaede hat sich viel vorgenommen

"Ich bin dann der Libero, das ist toll", sagt Stephan Schaede und lacht kurz fröhlich auf, so wie er es häufiger im Gespräch tut. Zum 1. Juli wechselt der bisherige Leiter der evangelischen Akademie Loccum bei Nienburg nach Lüneburg. Im Leitungsamt als Regionalbischof sieht er dort eine Fülle von Aufgaben und Themen auf sich zukommen. Angehen will er sie als einer der hinter seinem Team steht und wenn nötig nach vorne tritt - um im Fußballbild zu bleiben.

"Meine Aufgabe besteht im Hinhören und Hinsehen", sagt er selbst. "Und manchmal auch darin, klare evangelische Kante zu zeigen." Der mit rund 520.000 Mitgliedern größte Kirchensprengel in der hannoverschen Landeskirche sei durch eine Vielfalt an Themen geprägt, fügt der 57-Jährige hinzu und zählt auf: von der Energiepolitik über die Sicherheitspolitik mit großen Militärstandorten bis zur Zukunft des kirchlichen Lebens selbst.

Mehr als elf Jahre lang war der Theologe Direktor der Akademie in Loccum. Unter anderem beschäftigte er sich dort mit dem Syrien-Konflikt und der Kirchenpolitik. Auch in der Auseinandersetzung um die Nutzung der Atomkraft ist die Akademie seit vielen Jahren ein wichtiger Ort des Diskurses. "Das ist noch immer eine der brennendsten gesellschaftspolitischen Fragen", sagt Schaede. 

In den Kirchenkreis Lüchow-Dannenberg in seinem künftigen Sprengel hat er deshalb schon Kontakt aufgenommen. Zwar ist das Endlager für hochradioaktiven Atommüll im dortigen Salzstock Gorleben inzwischen von Tisch. "Aber  die Fragen um das Zwischenlager sind ungelöst", sagt er. Wenn auch in Niedersachsen mögliche Endlagerstandorte ausgewiesen werden, sei die Kirche ebenfalls gefragt, etwa um bei möglichen Konflikten zu moderieren. 

Schaede ist in der akademischen Welt zuhause, neben der Theologie, in der er auch promoviert wurde, studierte er auch Philosophie. Von 2004 bis 2010 führte er den Forschungsbereich Religion, Recht und Kultur der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft in Heidelberg, einem Forschungsinstitut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Doch auch Landpfarrer im Solling sei er sehr gern gewesen, sagt der 57-Jährige. In den vielen ländlichen Regionen im Sprengel Lüneburg sieht er eine "Säule des kirchlichen Lebens". 

Menschen zusammenzubringen, manchmal trotz gegensätzlicher Positionen, auch das reizt ihn. Das gilt für das Miteinander der Konfessionen - beim gemeinsamen Studium in Rom vor vielen Jahren hat er Freundschaft mit dem heutigen Hildesheimer katholischen Bischof Heiner Wilmer geschlossen. Das gilt aber auch für andere Religionen und diejenigen, denen die Kirche fremd ist. "Zu hören, was uns verbindet, ist eine zentrale Aufgabe." 

Schaede ist auch einer der Sprecher der Initiative Niedersächsischer Ethikrat, die unter anderem die großen Kirchen und die Ärztekammer in der Corona-Pandemie ins Leben gerufen haben. Die Gerechtigkeitsfrage angesichts der Folgen der Pandemie, auch sie treibt ihn um. 

Seine Frau Ina Schaede wird in Lüneburg als Pastorin in Kaltenmoor arbeiten, einem Brennpunktviertel. Gemeinsam mit den drei jüngeren Töchtern im Alter zwischen vier und acht Jahren, wird sie im August in die Hansestadt kommen. Die ältere Tochter studiert bereits. 

Wie junge Menschen ansprechen? Wie helfen, wenn wieder mehr Flüchtlinge kommen? Die Liste von Themen ist hier für Schaede noch nicht am Ende. Doch erst einmal will er ankommen und dann sehen, was obenan liegt. Noch eines hat er sich aber vorgenommen. Entfernungen bis zu 40 Kilometer will er möglichst mit dem Rad zurücklegen. "Wenn es sein muss auch mit dem E-Bike, sonst bin ich nicht schnell genug", sagt er und lacht sein charakteristisches Lachen: "Ich will ja nicht schweißgebadet ankommen."

Karen Miether (epd)