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Wortmeldung: Armes reiches Deutschland?

Die Angst vor Armut und Verlust geht um: Immer häufiger stellen sich Menschen allein oder bei Gesprächen Fragen wie diese: Was ist noch sicher? Wo soll ich mein Geld anlegen? Wie bringe ich „meine Schäfchen ins Trockene“?

Andere fragen sich: Warum können wir als Familie trotz Arbeit nicht über die Runden kommen? Und tatsächlich: Die Realeinkommen sind in den letzten zehn Jahren gesunken. Besonders hart hat es die Bezieher niedriger Einkommen getroffen.

Fakt ist auch: Familien geht es im Vergleich zur restlichen Bevölkerung immer schlechter. Der Darmstädter Sozialrichter Jürgen Borchert redet Klartext im ARD-Interview: „Die Parteien betreiben mit ihrer Familienpolitik allesamt nicht mehr als ‚Schaumschlägerei’ und lassen die entscheidenden Fragen links liegen.

Wenn man Familienpolitik gerechter gestalten wollte, müsste knallhart neu verteilt werden.“ Trotz einer Halbierung der Geburtenzahl seit 1965 verzeichne Deutschland heute eine Versechzehnfachung des Anteils der Kinder in Armut. OECD und UN betonten jedes Jahr, dass die Abgabenlast der Familien in Deutschland weltweit nicht ihresgleichen finde.

Extrem reich und gleichzeitig Schlusslicht. Bei den unter 18-Jährigen ist Deutschland europaweit im Verhältnis zur Bevölkerungszahl das kinderärmste Land, so der jüngste Bericht des Statistischen Bundesamts. Das lässt in der Tat keine rosige Zukunft erwarten. Der Mangel an Pflegepersonal und Fachkräften in Handwerk und Industrie sind dafür deutliche Indikatoren. Die aus der Kinderarmut resultierende Rentenproblematik und Altersarmut erscheinen als unabwendbar.

„Schaffet Recht dem Armen und helft den Elenden und Bedürftigen zum Recht“ heißt es in Psalm 82,3. Das ist eine echte Gemeinschaftsaufgabe von Bürgern und Institutionen. Wann sehen wir Kinder ausnahmslos als Geschenk Gottes und nicht als Hindernis und Einschränkung der Lebensqualität? Wann haben auch die Parteien den Mut, 75 % der Wähler zu sagen, dass sie nicht länger auf Kosten von Eltern mit Kindern leben können? Richtig investieren.

Der Börsenprofi André Kostolany wurde am Ende seines Lebens einmal nach der besten und nachhaltigsten Anlagestrategie gefragt. Er antwortete zur großen Verblüffung: „Investieren Sie in die Ausbildung Ihrer Kinder!“ Dieser Tipp kann gelten für Eltern wie für die öffentliche Hand als auch für Unternehmen. Und Bildung ist sehr vielfältig: Es geht nicht nur um Wissen und Fertigkeiten, sondern auch um die Entwicklung der Persönlichkeit, der ethischen Verantwortung und des Glaubens.

Das alttestamentliche Buch Die Sprüche Salomos hält für das Teilen des Wohlhabenden mit dem Armen sogar noch eine besondere Verheißung bereit: „Wer sich des Armen erbarmt, der leiht dem Herrn“ (19,17). Die Erfahrung, dass das Leben reicher wird, wenn man in Liebe zum Nächsten teilt, haben Menschen immer wieder gemacht. Diese Liebe ist übrigens die einzige Währung, die sich vervielfacht, wenn man sie teilt. Sie behält nach christlicher Auffassung, anders als alle materiellen Güter, auch in Ewigkeit ihren Wert.

Also: Nur Mut zum richtigen Investieren!

Peer-Detlev Schladebusch