Historiker: Reformation ging von der Basis aus

Nachricht 09. November 2015

Tagung zur Reformation des Elbe-Weser-Dreiecks

 

Bad Bederkesa/Kr. Cuxhaven (epd). Die protestantische Reformation der Kirche im Elbe-Weser-Dreieck war nach Darstellung des Historikers Hans Otte im 16. Jahrhundert ein jahrzehntelanger Prozess, der von der Basis ausging. "Hier gelang die Reform der Kirche auch ohne die feste Hand der Landesherren", sagte Otte am Freitagabend bei einer Tagung im Evangelischen Bildungszentrum Bad Bederkesa bei Cuxhaven: "Es war eine allmähliche Reformation von unten." Im Elbe-Weser-Dreieck bestanden bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges das Erzstift Bremen und das Hochstift Verden als Kleinstaaten, die von Fürstbischöfen regiert wurden.

"In der bischöflichen Zeit und erzbischöflichen Zeit fehlte eine Zentralmacht im wichtigsten Territorium, die ihr Verständnis des Christentums verbindlich durchsetzte", resümierte Otte laut Redemanuskript. Vor allem in Bremen hätten die Bürger und der Rat eine starke Stellung innegehabt, gegen die sich der Bischof immer weniger behaupten konnte. Sie hätten bereits 1522 einen evangelischen Prediger berufen: Heinrich von Zütphen, der wie Martin Luther dem Mönchsorden der Augustiner-Eremiten angehörte. Wegen seiner radikal evangelischen Predigt wurde Zütphen 1524 im holsteinischen Dithmarschen verbrannt.

Die rechtlichen Verhältnisse seien allerdings in der Region noch lange unklar gewesen, erläuterte Professor Otte. Überkommenes katholisches Recht und die neue Lehre, die aus Sicht des Historikers auf eine Zentrierung und Verinnerlichung des Glauben zielte, hätten noch lange nebeneinander bestanden. Teilweise sei nicht auszumachen gewesen, wer wirklich dem neuen Glauben anhing und wer nicht.

Vielerorts hätten zwei Fraktionen nebeneinander bestanden, in anderen Fällen hätten evangelische Pfarrer weiterhin in alten Rechtsverhältnissen gelebt. "Die Konfessionsbildung war noch völlig im Fluss." Dabei hätten auch finanzielle Aspekte eine Rolle gespielt. Die Frage, wer einen Pfarrer berufen konnte, habe auch zu Streit geführt. Erst der Einfluss der Schweden in der Region habe hier für Klarheit und für eine verbindliche kirchliche Ordnung auf evangelisch-lutherischer Grundlage gesorgt.

Unter dem Titel "Die Reformation im Elbe-Weser-Raum" hatte der Landschaftsverband Stade in Kooperation mit der Gesellschaft für niedersächsische Kirchengeschichte zu einem zweitägigen Austausch über die Reformationszeit zwischen Elbe und Weser eingeladen. Eröffnet wurde die Tagung von dem evangelisch-lutherischen Landessuperintendenten Hans Christian Brandy aus Stade.