Asylsuchende ohne Bleiberecht: Niedersachsen setzt weiter auf freiwillige Ausreise

Nachricht 19. November 2015

Asylsuchende ohne Bleiberecht: Niedersachsen setzt weiter auf freiwillige Ausreise

Cuxhaven (epd). Bei Asylsuchenden ohne Bleiberecht setzt Niedersachsen nach wie vor "vorrangig" auf eine freiwillige Ausreise. "Damit sind wir durchaus nicht erfolglos", sagte Dirk Verleger vom niedersächsischen Innenministerium am Donnerstagabend bei einer Podiumsdiskussion in der evangelischen St.-Petri-Kirche Cuxhaven. 

Abschiebungen seien für Niedersachsen "Ultima Ratio" - äußerstes Mittel, sagte Verleger. Das sei eine undankbare Aufgabe. Gegebenenfalls überprüfe die Härtefallkommission im Land die Fluchtgründe. Bei einer negativen Entscheidung werde es dann "Rückführungen" geben: "Die hat es schon gegeben - und die wird es wieder geben." 

Verleger arbeitet in der Koordinierungsstelle für Flüchtlingsfragen, die Niedersachsen nach der massiv gestiegenen Zahl von Asylsuchenden eingerichtet hat. Nach seinen Worten hat das Bundesland derzeit mit Unterstützung der Kommunen rund 37.000 Flüchtlinge in Obhut. Sie seien einerseits dankbar für die Aufnahme. Viele äußerten andererseits ihren Unmut über langwierige Asylverfahren. 

Die Bearbeitungsdauer beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge betrage im Durchschnitt noch immer fünf Monate und sei nach wie vor zu lang, kritisierte Verleger. Das sei für die Flüchtlinge "extrem belastend". Land und Kommunen müssten Sorge tragen, dass dieser Unmut in den Aufnahmeeinrichtungen nicht eskaliere. 

Stades evangelischer Regionalbischof Hans Christian Brandy betonte die Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen. Das sei eine grundsätzliche humanitäre und christliche Aufgabe, der sich die Gesellschaft und mit ihr die Kirchen mit großem Engagement stellten: "Das ist schlicht großartig." Allerdings stelle sich die Frage, wie lange die Ressourcen für dieses Engagement noch reichten, mahnte der leitende Theologe. 

Thomas Gebauer, Bundesgeschäftsführer der Hilfsorganisation medico international, vertrat die Auffassung, dass Deutschland und Europa noch viel mehr Menschen aufnehmen könnten. "Das ist eine Riesenherausforderung, keine Frage", sagte Gebauer. Aber wenn ein armes Land wie der Libanon das schaffe, müsse das auch in Deutschland gelingen: "Wenn nicht dieses reiche Land, welches dann?" 

Gebauer verwies auf die ungerechte Weltwirtschaftsordnung als Hauptgrund für Flucht und Vertreibung. "Die Katastrophe, die ihren Ursprung in den Ländern des Nordens hat, kehrt jetzt in gewisser Weise zurück."

Cuxhavens Landrat Kai-Uwe Bielefeld (parteilos) pflichtete dem zwar bei, verwies aber auf ganz praktische Probleme, die die Kommunen im Zusammenhang mit der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen sofort lösen müssten. Dazu gehöre die Belastung von Freiwilligen, Hilfsorganisationen und Behörden. Der Landkreis etwa komme "personell an seine Grenzen".