Aktionstag der TelefonSeelsorge:

Nachricht 02. November 2015

Ein Erfolg der leisen Töne

Brandy besucht TS
Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy im Büro der TelefonSeelsorge Elbe-Weser, Foto: Privat

Elbe-Weser-Raum. Zum Auftakt ihres Jubiläums (2016 - 60 Jahre TelefonSeelsorge in Deutschland) hat die TelefonSeelsorge Deutschland am 2. November einen Aktionstag unter dem Motto „Leitung an die Leitung“ durchgeführt. Evangelische wie katholische Bischöfe waren ebenso wie Präsides und andere Kirchenleitungen eingeladen, eine der 105 TelefonSeelsorge-Stellen im Bundesgebiet zu besuchen, um sich von der Arbeit der beinahe 8.000 Ehrenamtlichen in Deutschland ein Bild zu machen. 

Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy besuchte an diesem Tag die TelefonSeelsorge Elbe-Weser und war sehr beeindruckt. „Mein ausführlicher Aufenthalt bei der TelefonSeelsorge hat meinen Respekt vor den Mitarbeitenden noch einmal erhöht. Es war bewegend zu erleben, wie viele wirklich schwierige Lebenssituationen hier zur Sprache kommen.“ 

Der Regionalbischof für den Elbe-Weser-Raum fand besonders eindrücklich, dass „Menschen am Telefon sind, die nicht unter Effizienzdruck stehen, sondern Zeit zum Zuhören haben. Das ist in unserer beschleunigten Welt ein hoher Wert“.  Für die Region sei es ein Segen, dass sich Ehrenamtliche in dieser Arbeit rund um die Uhr an 365 Tagen engagieren. Daher gelte allen ein großer Dank, die in der TelefonSeelsorge tätig seien. „Denn ich habe erlebt, dass das Telefon kaum einmal für mehr als zwei Minuten ruhig blieb.“  

Im Zentrum der Gespräche in den jeweiligen TelefonSeelsorge-Stellen stand bundesweit die ganz konkrete Alltagswirklichkeit der Gespräche am Telefon und der Praxis der Chat- und Mailberatung. Themen wie tiefe Vereinsamung, Trauer um verloren gegangene Angehörige, aber auch Trauer, Ärger oder Wut über ein verpfuschtes Leben begegnen den Ehrenamtlichen nahezu in jeder Telefonschicht, die sie absolvieren. 

Die kirchlichen Leitungskräfte waren also selbst als aufmerksame Gesprächspartner im Gespräch mit den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der jeweiligen Stellen gefordert. Umso mehr, da auch die Schattenseiten dieses ehrenamtlichen Engagements nicht verschwiegen wurden, z.B. die Belastung durch missbräuchliche Anrufende.

Hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der fast durchweg ökumenisch verantworteten Stellen äußerten sich sehr erfreut über die Besuche, weil auf diese Weise der anstrengenden Arbeit eine hohe Wertschätzung entgegengebracht wurde. Die verantwortlichen Leitungskräfte kamen im Rahmen ihres Besuches sehr nah und unmittelbar mit den Alltagssorgen und Nöten der Anruferinnen in Kontakt. 

Die TelefonSeelsorge ist anonym und kostenfrei Tag und Nacht zu erreichen unter: 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222
Internet: www.telefonseelsorge-elbe-weser.de 

Hintergrund

Am 02.November 1953 platzierte der anglikanische Pfarrer Chad Varah in London erstmals das telefonische Angebot: Before you commit suizide, ring me up! (Bevor Du beschließt, Dich umzubringen, ruf mich an!) In der Folgezeit erhielt Varah eine Flut von Anrufen. Er setzte sein Angebot kontinuierlich fort, wurde in kurzer Zeit von vielen Freiwilligen unterstützt und gilt so als der Gründervater der TelefonSeelsorge. In Berlin wurde die Idee von dem Arzt und evangelischen Pfarrer Klaus Thomas aufgenommen. Dieser rief 1954 zu einer praktischen „Lebensmüdenbetreuung“ auf, versammelte Seelsorger und Psychiater um sich, um nach dem Londoner Modell einen telefonischen Suizidverhütungsdienst einzurichten. Im Oktober 1956 wurde eine private Telefonnummer für die „Ärztliche Lebensmüdenbetreuung“ in der Presse veröffentlicht. Dies ist die Geburtsstunde der TelefonSeelsorge in Deutschland.

2016 kann die TelefonSeelsorge in Deutschland mit jetzt 105 Stellen als bundesweites Netzwerk ihr 60-jähriges Jubiläum feiern. Bundesweit werden mittlerweile fast 2 Millionen Gespräche im Jahr geführt. Als Seelsorgeangebot der beiden Kirchen wird die Arbeit, maßgeblich durch das Engagement von rund 8.000 ehrenamtlichen Telefonseelsorger/innen verwirklicht.

Stade, 3. November 2015                       Sonja Domröse