Zwischen Elbe und Weser wird es viele Veranstaltungen zum 31. Oktober geben
Interview mit Landessuperintendent Dr. Hans Christian Brandy
Herr Landessuperintendent, seit Juni 2018 ist der Reformationstag in Niedersachsen ein staatlicher Feiertag. Mit welchen Gründen haben Sie sich für diesen Feiertag eingesetzt?
Hans Christian Brandy: Im letzten Jahr haben im Zuge des Reformationsjubiläums zwischen Elbe und Weser rund 1.000 Veranstaltungen stattgefunden. Am 31.10. waren die Kirchen voller als zu Heiligabend. Das hat gezeigt, wie viel Potenzial in diesem Tag steckt durch die Themen, die mit ihm verbunden sind: Erneuerung der Kirche und des Glaubens, aber auch unser Verständnis von Freiheit. Es ging auch um aktuelle Herausforderungen und gesellschaftliche Entwicklungen, um unseren Beitrag als Kirche für ein Zusammenleben aller Menschen in einer freiheitlichen Demokratie, um Fragen der Ökumene und des interreligiösen Dialogs.
Auf Grund dieser gesellschaftlichen Bedeutung und der eindrücklichen Beteiligung so vieler Menschen am Jubiläum im letzten Jahr habe ich den Vorschlag aus der Politik, den Reformationstag zu einem staatlichen Feiertag in Niedersachsen zu machen, gern unterstützt. Und ich freue mich sehr auf diesen Feiertag!
Es gab aber auch Einspruch u.a. von katholischer Seite gegen die Einführung dieses Feiertages. Wie stehen Sie dazu?
Brandy: Natürlich ist es gut, dass es im Vorfeld der politischen Entscheidung eine breite Diskussion gab, das gehört zur Demokratie. Die Belastung des ökumenischen Miteinanders habe ich aber schon sehr bedauert, gerade nach den wunderbaren ökumenischen Erfahrungen des letzten Jahres, als wir miteinander ein Christusfest feiern konnten.
Wir haben als evangelische Kirche immer betont, dass wir keinen unkritischen „Luther-Gedenktag“ feiern wollen, sondern die Reformation heute auch als einen Aufbruch in eine plurale Gesellschaft verstehen, in der der Gewissensentscheidung jedes Einzelnen eine große Bedeutung zukommt. Ich bin sehr froh, dass es inzwischen einen gemeinsam von evangelischer und katholischer Kirche erarbeiteten Vorschlag für einen ökumenischen Gottesdienst am Reformationstag gibt.
Und so feiern wir auch in diesem Jahr diesen Tag in ökumenischer Perspektive, laden unsere katholischen Glaubensgeschwister dazu ein und auch Menschen aus anderen Religionen und aus der Zivilgesellschaft. An vielen Orten gibt es Formate von Begegnung und Dialog.
Sie repräsentieren als Regionalbischof für den Sprengel Stade neun Kirchenkreise. Wird es neben Gottesdiensten auch andere Veranstaltungen an diesem Tag geben?
Brandy: Neben lebendigen und kreativen Gottesdiensten wird es eine Vielzahl von weiteren Aktionen geben. Mir sind rund 50 solcher besonderen Veranstaltungen hier bei uns bekannt.
So wird in Bremerhaven beispielsweise ein "Fest der Freiheit“ unter dem Motto „Farbe bekennen" stattfinden. Die lutherischen und reformierten Gemeinden laden dazu Katholiken, Muslime und Juden ein. In manchen Regionen wird es Empfänge geben, bei denen aktuelle Themen diskutiert werden. Oder auch besondere Konzerte, die Kirchenmusik spielt in unserer evangelischen Kirche ja eine ganz besondere Rolle.
Was werden Sie selber am Reformationstag machen?
Brandy: Am Vorabend, also am 30. Oktober, moderiere ich in Cuxhaven in der St. Petri-Kirche eine Podiumsdiskussion zum Thema: "Wie politisch soll und darf Kirche sein?". Das wird sicherlich spannend mit Gästen aus Kirche und Gesellschaft. Am 31. Oktober werde ich als Gemeindeglied im Gottesdienst mitfeiern können.
Wenn Sie in einem Satz sagen sollten, was Reformation für Sie bedeutet, wie würde dieser Satz lauten?
Brandy: Reformation ist ein ständiger Erneuerungsprozess der Kirche, in dem sie sich selbstkritisch immer neu auf ihre Sache ausrichtet und versucht, noch fröhlicher und ansprechender den Glauben zu leben und in unserer Welt zu bezeugen.
Das Interview führte Sonja Domröse, Pressesprecherin des Sprengels Stade
Pastorin Sonja Domröse, Pressesprecherin Sprengel Stade