"Gott kommt uns entgegen"

Nachricht Stade/Elbe-Weser-Raum., 24. Dezember 2020

Weihnachtsbotschaft von Regionalbischof Dr. Hans Christian Brandy

Weihnachten wird in diesem Jahr so ganz anders sein, als wir es bislang gekannt haben. Denn wir befinden uns mitten in einem strapaziösen Marathon. Nicht der übliche Vorweihnachtsmarathon mit Geschenkekauf, Weihnachtsfeiern und Punschtrinken. Nein, wir sind mitten in der Corona-Pandemie, von der Christian Drosten schon im Frühjahr sagte: „Das ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Die Dauer kostet Kraft und zehrt an den Nerven.

Im Marathon-Laufen habe ich einige Übung. Manche Erfahrungen helfen mir auch in diesem Corona-Marathon. Wichtig beim Laufen ist es, auf regelmäßige Versorgung des Körpers zu achten. Genug zu essen ist zu Weihnachten für die meisten von uns nun so gar nicht das Problem. Aber achten wir auch darauf, was Leib und vor allem Seele sonst brauchen? An Schönem, an Bewegung, an sozialen Kontakten per Brief, Telefon, Internet? An Musik, an Stille, an Spiritualität? Weihnachten ist eine Zeit, auch auf Nahrung für die Seele zu achten.

Beim Langstreckenlauf ist auch die gegenseitige Ermutigung wichtig. Lange Strecken allein unterwegs zu sein, ist knochenhart. Bei einem Marathon-Lauf aber stehen viele Leute am Rand, machen Musik und feuern einen an. Mindestens genauso wichtig sind die Mitlaufenden, mit denen man sich zusammentut. So ist zu schaffen, was allein zu schwer ist. Das scheint mir auch für den Corona-Marathon wichtig: sich gegenseitig ermutigen und stützen, aufeinander achthaben. Lasst uns besonders auf die achten, die gefährdet sind, die einsam sind, die niemand sieht. Auf die, die unter dieser Zeit stärker leiden als andere, die mit Ängsten oder Schwermut zu kämpfen haben. Was beim Sport nicht immer geht: Wir müssen darauf achten, dass keiner zurückbleibt. Einen Marathon schafft man nur gemeinsam. Und: Zu Weihnachten feiern wir, dass Gott an unsere Seite kommt. Da steht noch einer am Rand, nein mehr noch: da läuft einer mit - und stärkt uns auf eine ganze andere Weise: Gott selbst.

Das gilt besonders, wenn Rückschläge wegzustecken sind. Bei einem Marathon kommen Löcher und harte Phasen. Man denkt, es geht gar nichts mehr. Ich kenne kaum jemanden, der in diesem Corona-Marathon nicht mal so richtig im Loch war, der nicht mehr wollte und nicht mehr konnte. Das darf sein, das gehört zu einem Marathon. Vielleicht hören wir da in diesem Jahr die weihnachtliche Zusage der Engel besonders: Fürchtet euch nicht. Ich verkündige euch große Freude, denn euch ist der Heiland geboren. Das gilt uns in diesem Jahr besonders: Fürchtet euch nicht. Das kann Kraft geben, weiterzulaufen, auch wenn es mal schwerfällt.

Und es hilft, wenn es schwer wird, aufs Ziel hinzudenken. Beim Marathon die Medaille oder die wohltuende Massage. Auch wenn beim Corona-Marathon das Ziel noch nicht erreicht ist, so kann gerade Weihnachten 2020 – so anders es ist – doch eine stärkende Zwischenetappe sein. Denn wir hören die Botschaft: Gott selbst kommt uns entgegen, auch in schweren und belastenden Zeiten. Gott kommt als ein Kind, gerade dahin, wo Menschen schwach und strapaziert sind. Fürchtet euch nicht. Ich verkündige Euch große Freude.

Ich wünsche Ihnen mitten im Corona-Marathon ein die inneren Kräfte stärkendes, ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Dr. Hans Christian Brandy
Regionalbischof in Stade