Das Licht scheint in der Finsternis

Nachricht Stade/Elbe-Weser-Raum., 24. Dezember 2022

Weihnachtsandacht von Regionalbischof Dr. Hans Christian Brandy

Vor wenigen Tagen ist im ukrainischen Charkiw das Friedenslicht aus Bethlehem angekommen. Pfadfinder haben es per Zug dorthin gebracht. Die Bilder aus der Ukraine haben mich angerührt. Eine Kerze und ein paar Tannenzweige im eiskalten Bahnhof, mitten im Luftalarm. Das Friedenslicht als Zeichen der Hoffnung in einem Land, das Putins Russland vorsätzlich und völkerrechtswidrig ins Dunkel gestürzt hat. In dem gezielt die zivile Infrastruktur beschossen wird, damit die Menschen im Kalten und im Dunklen sitzen. Kaum zu ertragen das alles. Aber auch hier scheint das Licht von Weihnachten. Und hier vielleicht besonders. Das heute-journal zeigte, wie Menschen für sich Kerzen am Friedenslicht aus Bethlehem entzünden.

„Das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hat’s nicht ergriffen“. So erzählt der Evangelist Johannes vom Kommen Jesu in die Welt. Ganz realistisch. Die Welt kann finster sein und auch bleiben. Auch in mir herrscht manchmal das Dunkel.

Aber so wie Gott am Beginn der Welt das Licht geschaffen hat und das Leben damit seinen Anfang nahm, so ist es mit der Geburt Jesu. An Weihnachten feiern wir einen Neuanfang. Und das in den Tagen, an denen es am längsten dunkel ist. Wir feiern, dass mit der Geburt Jesu ein neues Licht, das Licht Gottes in die Welt gekommen ist. Und dass die Finsternis diese Kraft, dieses Licht nicht überwinden kann.

Licht scheint in der Finsternis. Das ist Weihnachten. Nicht immer ist das Licht strahlend und hell. Manchmal scheint es nur durch einen schmalen Riss in unsere Welt. „Gott ist nicht überall. Er verbirgt sich hinter allem, und in allem sind schmale Spalten, durch die er scheint – scheint und blitzt. Ganz dünne, feine Spalten, so dünn, dass man sie nie wiederfindet, wenn man nur einmal den Kopf wendet." So hat Ernst Barlach seine Erfahrung mit dem Licht Gottes beschrieben, der Künstler, der in der NS-Zeit verfemt war.

Durch die schmalen Spalten blitzt und scheint das Licht Gottes. So wie die Futterkrippe im Stall von Bethlehem ja auch ein höchst ungewöhnlicher Ort ist für die Geburt des Gottessohnes, auch nur so ein schmaler Spalt. Aber gerade so wird deutlich: Hier wird eine Hoffnung begründet, die das Dunkel erhellt. Ein Grund, in den Dunkelheiten dieser Welt und meines Lebens niemals mutlos zu werden. Und ein Grund, immer wieder selbst Licht weiterzugeben und in Solidarität und Nächstenliebe für Menschen im Dunkel einzustehen.

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes und lichtes Weihnachtsfest!

Ihr
Dr. Hans Christian Brandy
Regionalbischof im Sprengel Stade