Publizist Henze fordert "Leidenschaft für die Hoffnung"

Nachricht Stade, 30. September 2016

Regionalbischof Brandy ruft zur Zivilcourage im Widerstand gegen Rassismus auf

Weltweit mehr als 60 Millionen Flüchtlinge und Stellvertreterkriege wie in Syrien, für die noch kein Weg zum Frieden gefunden wurde. UN und EU scheinen machtlos zu sein. Doch Resignation ist keine Lösung, sagen Publizisten und Theologen.
 
Stade (epd). Angesichts der Kriege und Krisen in der Welt hat der Publizist und Theologe Arnd Henze dazu aufgerufen, mit Leidenschaft gegen fatalistische Positionen anzugehen. Das Schwerste sei die Leidenschaft für die Hoffnung zum Frieden, die aber aus dem christlichen Glauben gespeist werden könne, sagte der Fernsehjournalist und Außenpolitik-Experte des ARD-Hauptstadtstudios am Donnerstagabend in der Stader St.-Wilhadi-Kirche. Der Stader Regionalbischof Hans Christian Brandy hatte zuvor zum Widerstand gegen Rassismus und Nationalismus aufgerufen: "Das erfordert Zivilcourage von jedem von uns."

Henze erinnerte an den 1993 gestorbenen früheren Regierenden Bürgermeister von Berlin, Heinrich Albertz (SPD). "Albertz hat gesagt, Glauben heißt, immer ein bisschen mehr zu hoffen, als die Umstände es zulassen." Den schier übermächtigen Krisen müsse aber auch mit Leidenschaft für die Opfer, für Europa, für das Gelingen und das Verstehen-wollen der Konflikte begegnet werden. Letzteres sei in einer Zeit der Populisten und Vereinfacher "harte Arbeit". "Wir dürfen uns aber mit den einfachen Antworten nicht zufrieden geben."

Kriegsparteien, Vereinfacher, Populisten, Nationalisten und Rassisten gefährdeten Demokratie, den Zusammenhalt in der EU und den Glauben an die Diplomatie, warnte Henze. Um dem entgegenzutreten, sei ein Dialog nötig, für den Orte wie die Kirche wichtig seien: "Die Kirche als Lerngemeinschaft wird dringlicher gebraucht als je zuvor."
 
Es dürfe keine Rede- oder Denkverbote geben, hatte zuvor Brandy gesagt. "Dafür treten wir als Kirche ein und wollen dafür ein Ort sein." Auch wenn Deutschland nicht jedes Jahr eine Million Flüchtlinge aufnehmen könne, bleibe das Thema auf der Tagesordnung. "So tief kann das Mittelmeer gar nicht sein, dass Mitteleuropa auf Dauer eine ruhige Insel sein könnte, wenn drum herum Krieg und Armut herrschen." Das zu erwarten, sei völlig unrealistisch. "Vor allem: Es wäre ethisch unverantwortlich."
 
Die große Flüchtlingswelle vor einem Jahr habe Deutschland gezeigt, dass die Folgen von Krieg und Elend nicht ferngehalten werden könnten. Es sei höchst eindrucksvoll gewesen, wie sich das Land dem gestellt habe und wie viele Menschen sich in der Flüchtlingshilfe engagiert hätten: "Das war und ist stark." Jetzt sei ein langer Atem nötig, um mit Energie, Geduld und viel Zuwendung die Flüchtlinge zu integrieren.
 
Henze und Brandy äußerten sich beim traditionellen "Michaelis-Empfang" der hannoverschen Landeskirche zwischen Elbe und Weser. Dazu lädt Landessuperintendent Brandy jährlich Repräsentanten des öffentlichen Lebens ein, um mit Vertretern aus den neun hannoverschen Kirchenkreisen der Region ins Gespräch zu kommen. Das Treffen wird immer um den Michaelistag organisiert, der am 29. September als Gedenktag des Erzengels Michael gefeiert wird. Seit der Reformation wird dieser Tag in der evangelischen Kirche als "Tag des Erzengels Michael und aller Engel" begangen.
 

epd Niedersachsen/Bremen