Regionalbischof Brandy warnt vor wachsendem Rassismus

Nachricht Sandbostel, 01. Mai 2019

Gedenken an die Befreiung des NS-Kriegsgefangenenlagers Sandbostel vor 74 Jahren

Sandbostel/Kr. Rotenburg (epd). Der Stader Regionalbischof Hans Christian Brandy hat im Gedenken an die Befreiung des NS-Kriegsgefangenenlagers in Sandbostel vor Rassismus, Feindseligkeit und nationalen Egoismen gewarnt. "Sie werden viel stärker, als wir das lange für möglich gehalten haben", sagte der leitende evangelische Theologe im Verlauf einer Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Befreiung vor 74 Jahren am Montag in Sandbostel. Deshalb dürfe die Vergangenheit nicht vergessen und nicht verschwiegen werden.

Angehörige von Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden, Russland und Serbien waren zu dem Gedenken nach Sandbostel gekommen. Außerdem nahmen Repräsentanten der Generalkonsulate Italiens, Polens, der russischen Föderation und Serbiens teil. Brandy sagte zu ihnen laut Redemanuskript, es sei gut, dass auf dem Gelände des ehemaligen NS-Lagers eine Gedenkstätte mit vitaler Erinnerungs- und Erzählkultur entstanden sei. Sie lade dazu ein, den Wert des Friedens wahrzunehmen und zu durchdenken.

Deshalb fördere die hannoversche Landeskirche die Gedenkstätte als einen von sechs Friedensorten in Niedersachsen. Zum Abschluss des Gedenktages warb der Regionalbischof in einem Gottesdienst überdies für die europäische Einigung. Auch wenn es im Einzelnen viel Reformbedarf geben möge, so sei die EU doch ein großes Friedensprojekt, sagte er laut Predigttext. Deshalb sei es wichtig, sich an der Europawahl am 26. Mai zu beteiligen und demokratische Parteien zu wählen.

Am Nachmittag des 29. April 1945 erreichten die ersten britischen Soldaten das Lager Sandbostel. "Sie befreiten etwa 14.000 Kriegsgefangene und 7.000 KZ-Häftlinge", sagte Gedenkstättenleiter Andreas Ehresmann. Die britischen Soldaten seien tief erschüttert gewesen über die Zustände in dem Bereich, in dem die KZ-Häftlinge untergebracht gewesen seien: "Sie nannten Sandbostel 'a minor Belsen' - ein kleines Belsen."

Bis zur Befreiung waren in Sandbostel mehrere Hunderttausend Gefangene aus der ganzen Welt interniert. Tausende starben an Hunger und Krankheiten. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Sandbostel zählte zu den ersten von etwa 140 Kriegsgefangenenlagern, die im "Deutschen Reich" eingerichtet wurden .

Dieter Sell, Evangelischer Pressedienst Niedersachsen/Bremen